Taiwan:Gefährliche Schräglage

Taiwan: Das Yun-Tsui-Apartmenthaus gehörte zu den teuersten Adressen in Hualien. Dem Erdbeben hielt es nicht stand.

Das Yun-Tsui-Apartmenthaus gehörte zu den teuersten Adressen in Hualien. Dem Erdbeben hielt es nicht stand.

(Foto: Paul Yang//AFP)

Bei einem Erdbeben in Taiwan stürzen mehrere Häuser ein oder neigen sich zur Seite. Mindestens sechs Menschen sterben, fast 90 werden noch vermisst.

Chen Chi Wei lebt ganz oben im Yun-Tsui-Wohnblock in der taiwanischen Hafenstadt Hualien, 12. Stock, Meerblick. In der Nacht zum Mittwoch lag der 80-Jährige im Tiefschlaf, als um kurz vor Mitternacht ein Erdbeben die Stadt erschütterte. Noch bevor er richtig wach war, kippte sein Bett, das Fußende in Richtung Straße, das Kopfende himmelwärts. "Mein Bett stand komplett senkrecht. Erst schlief ich, dann stand ich plötzlich", sagte der alte Mann der Nachrichtenagentur AFP. "Um mich herum fiel alles durcheinander."

Bei den Erdstößen der Stärke 6,4 kamen mindestens sieben Menschen ums Leben, mehr als 250 Verletzte wurden gezählt, 67 Menschen werden noch vermisst. Die Stadt Hualien (110 000 Einwohner) ist am stärksten betroffen, mindestens vier große Gebäude stürzten ein oder neigten sich gefährlich zur Seite. Wie der Yun-Tsui-Block, in dem Chen Chi Wei wohnt. Ein Nachbar beobachtete, wie das Apartmenthaus einknickte. "Ich sah, wie die unteren Stockwerke wegsackten", sagte Lu Chih Son. "Der vierte Stock wurde zum ersten Stock." Mindestens zwei Menschen starben in den Trümmern, die staatliche Nachrichtenagentur berichtete von 50 Vermissten alleine in diesem Gebäude, in dem sich neben Wohnungen auch ein Hostel befindet. Mit Leitern und Kränen arbeiteten die Rettungskräfte sich zu den Überlebenden vor. Am späten Nachmittag unterbrachen sie den Einsatz, weil sie nach einem Nachbeben fürchteten, das Gebäude könnte weiter kippen. Spezialisten versuchten, das Haus mit Stahlträgern und Betonblöcken zu stützen.

Stark beschädigt wurde auch ein zehnstöckiges Hotel, das Marshal Hotel. Eine 60-jährige Angestellte starb, als das Erdgeschoss in sich zusammensackte. Nach Angaben des taiwanischen Außenministeriums ließen sich 31 Ausländer medizinisch behandeln, vor allem Südkoreaner und Japaner. Laut Behörden wurden 830 Menschen in Notunterkünften untergebracht, unter anderem in einem neu gebauten Baseballstadion. 40 000 Haushalte waren ohne Wasser und 1900 ohne Strom. Auf Twitter verbreiteten sich Fotos von aufgefaltetem Asphalt, Brücken und Straßen mussten gesperrt werden. Zugstrecken und der Flughafen seien intakt, teilte Kabinettssprecher Hsu Kuo Yung mit.

In der Nähe von Taiwan treffen zwei tektonische Platten aufeinander, auf der Insel bebt immer wieder die Erde. Chen Chi Wei aus dem Yun-Tsui-Block sagt, dieses sei das schlimmste Beben gewesen, das er in mehr als 50 Jahren in Hualien erlebt habe. Ihm sei es schließlich gelungen, krabbelnd und auf dem Hintern rutschend seinen Balkon zu erreichen. Dort wurde er von Rettungskräften in Empfang genommen.

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