Swingerclub im Museum:Kunst zum Anfassen

Staatlich geförderter Gruppensex: In ein Wiener Museum ist neben den Bildern von Gustav Klimt ein Swingerclub eingezogen. Nun beschäftigt das provokante Kunstprojekt das Parlament.

Wer derzeit Gustav Klimts berühmtem Bilderzyklus Beethovenfries einen Besuch abstatten will, muss an Sadomaso-Utensilien, Gynäkologenstuhl und Fesselgestellen vorbei: In den Ausstellungsgebäuden der Wiener Künstlervereinigung Secession ist ein Swingerclub eingezogen. Das pikante Projekt soll an den Skandal erinnern, den Klimts Werk seinerzeit ausgelöst hatte. Bei den rechtspopulistischen Parteien trifft die Künstlervereinigung immer noch einen Nerv - das österreichische Parlament wird sich mit der staatlich geförderten Kunstinstallation beschäftigen.

Hinter dem Projekt steckt der Schweizer Künstler Christoph Büchel, der weltweit für seine Provokationen bekannt ist. Im "Raum für Sexkultur" im Untergeschoss des Museums hat er Séparées mit Leopardenfell-Kissen eingerichtet, SM-Gerätschaften, Fesselgestelle und Gynäkologenstühle herangeschafft. Bis zum 18. April werden hier in erotisch-dekadenter Atmosphäre die Partner getauscht.

Während der Swingerclub "Element 6" für seine Kundschaft erst abends öffnet, gibt es tagsüber Einlass für kunstinteressierte Besucher - ab 18 Jahren. Ziel sei, so vielen Menschen wie möglich die Gelegenheit zu geben, ihre Hemmungen zu überwinden, erklärten die Veranstalter. Jeder Besucher der Kunsthalle könne für sich selbst testen, ob die Ausstellung "neue Dimensionen" seiner eigenen Sexualität öffne.

"Es gab schon richtig Action"

Für Besucher, die eigentlich nur Klimts Meisterwerk bestaunen wollten, ist das harter Tobak. "Ich bin schockiert! Wo bin ich denn hier gelandet?", erregte sich eine ältere Touristin aus Rom kopfschüttelnd. "Ich glaube, das hat eher etwas mit unserem Alter zu tun", sagte hingegen ihre gleichaltrige Reisebegleiterin der Presseagentur dpa. "Junge Leute sehen sowas sicher mit anderen Augen."

Tatsächlich erfreute sich der Swingerclub bereits am Eröffnungstag vergangenes Wochenende regen Zulaufs. "Es waren über 100 Leute da, hauptsächlich Stammgäste", sagt Michael H., der den Klub unter einer anderen Adresse seit zweieinhalb Jahren betreibt. "Und es gab schon richtig Action", fügt seine Frau Gabi lächelnd hinzu.

Manche Politiker lassen sich für diese Art von Action jedoch nicht erwärmen - zumal die Secession finanzielle Förderungen vom Kulturministerium und der Stadt Wien erhält. Die rechtspopulistische Partei Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) kündigte wegen der Kunstinstallation eine parlamentarische Anfrage an Kulturministerin Claudia Schmied von den Sozialdemokraten (SPÖ) an.

"Völlig durchgeknallt"

Der Chef der Freiheitlichen Partei (FPÖ), Heinz-Christian Strache, nannte die Finanzierung eines Sexclubs unter dem Deckmantel der Kunst eine "perverse Steuergeldvernichtung". Die Wiener SPÖ sei "völlig durchgeknallt", weil sie öffentlichen Gruppensex unterstütze.

Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ), der im Herbst zur Wiederwahl antritt, räumte zwar ein, er habe keine Freude mit dem Swingerclub. Er denke dennoch nicht daran, dem Museum deshalb die Subventionen zu kürzen.

Klimts Bilderzyklus, der dem Komponisten Ludwig van Beethoven gewidmet ist, wurde 1902 in der Secession anlässlich der 14. Ausstellung der Vereinigung Bildender Künstler der Secession ausgestellt. Damals war der Zyklus, der als wichtigstes Kunstwerk des Wiener Jugendstils gilt, wegen seiner Frauendarstellungen als obszön und pornographisch verurteilt worden.

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