Süditalien:Camorra richtet Kronzeugen hin

Michele Orsi hatte mit der italienischen Justiz zusammengearbeitet. Dies wurde dem ehemaligen Mafioso nun zum Verhängnis - Camorra-Mitglieder haben den 47-Jährigen in Casal di Principe erschossen.

Carolin Gasteiger

Im süditalienischen Casal di Principe ist der Mafia-Kronzeuge Michele Orsi auf offener Straße in dem Ort nahe Neapel erschossen worden. Italienischen Medienberichten zufolge war der 47-Jährige auf dem Weg in eine Bar im Zentrum, als ihn zwei unbekannte Männer mit mehreren Pistolenschüssen niederstreckten.

Michele Orsi, ein Unternehmer, hatte sich als ehemaliger Mafioso zur Zusammenarbeit mit der italienischen Justiz bereiterklärt und den Kriminalbeamten geholfen, die Tätigkeiten der Camorra im Rahmen des Müllskandals in Neapel aufzudecken.

Nach Informationen der Internetausgabe der italienischen Tageszeitung La Repubblica hätte Orsi, einer der ersten Kronzeugen der Verstrickung der Mafia in die Abfallwirtschaft, am Donnerstag noch einmal in einem Prozess zum Müllnotstand ausgesagt. Das konnte die Camorra nun verhindern. Bei den Unbekannten soll es sich um engagierte Profikiller des Casalesi-Clans handeln, benannt nach ihrer Herkunft aus Casal di Principe. Die Gruppierung ist eine der mächtigsten kriminellen Organisationen in Kampanien und eine der womöglich reichsten in ganz Italien. Unter anderem kontrollieren die Casalesi die Abfallwirtschaft in der Region.

Der für Anti-Mafia-Angelegenheiten zuständige Staatsanwalt Franco Roberti hält die Ermordnung Orsis für einen "neuen Höhepunkt in der Strategie der Casalesi, Subjekte aus dem Weg zu räumen, die im Kampf gegen die Clans kollaborieren".

Nicht zuletzt der Erfolg des Anti-Mafia-Romans "Gomorra" von Roberto Saviano, der selbst aus der Gegend stammt, hatte den Casalesi-Clan stärker ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. Saviano selbst ist von dem Attentat schockiert: "Was heute in Casal di Principe passiert ist, ist eine schwerwiegende Geste."

Wie es bei La Repubblica weiter heißt, versuchte die Camorra bereits in den vergangenen Wochen, Orsi einzuschüchtern. Unter anderem hatten Unbekannte mehrmals auf seine Wohnungstür geschossen. Nach Angaben seines Rechtsanwalts wurden aber die Forderungen, Personenschutz für Orsi bereitzustellen, von der Polizei ignoriert.

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