Suche nach Motiv für Bluttat:Wieder ein Amoklauf, wieder Finnland

Es ist die ist vierte Bluttat in fünf Jahren: Nachdem ein erst 18-jähriger Heckenschütze in der finnischen Kleinstadt Hyvinkää mindestens zwei Menschen ermordet hat, sucht das Land nach dem Grund für derartige Gewaltakte. Sind die Waffengesetze zu lax? Oder steht dahinter ein gesellschaftliches Problem?

Gunnar Herrmann

Am Freitag ist er noch mit Bekannten ein Bier trinken gegangen. Alles sei so gewesen wie immer, sagen die. "Schön war's, Freunde", schrieb der 18-jährige Finne dann auch nach dem Abschied auf seine Facebook-Seite. Wenige Stunden später holte er aus dem Waffenschrank seiner Eltern drei Gewehre, kletterte im Zentrum von Hyvinkää auf ein Dach. Um zwei Uhr am frühen Samstagmorgen schoss der junge Mann von dort aus wahllos auf Barbesucher, die auf der Flaniermeile des Städtchens die laue Frühlingsnacht genossen.

Finnischer Heckenschütze tötet zwei Menschen

Rekonstruktion der Bluttat: Nach dem Amoklauf eines 18-Jährigen in der finnischen Kleinstadt Hyvinkää stellt die Polizei auf dem Dach eines Gebäudes den Tathergang nach.

(Foto: dpa)

Zwei Menschen starben bei der Attacke, sieben wurden zum Teil schwer verletzt. Eine 23-jährige Polizistin schwebt Medienberichten zufolge noch immer in Lebensgefahr. Nun fragen sich die Finnen, wie so etwas geschehen konnte - schon wieder. Denn der Amoklauf von Hyvinkää, 50 Kilometer nördlich von Helsinki, ist bereits der vierte Vorfall dieser Art, der sich innerhalb von fünf Jahren in Finnland ereignete.

Im November 2007 hatte ein Jugendlicher acht Menschen in einer Schule in Jokela erschossen, das nicht weit von Hyvinkää entfernt liegt. 2008 starben zehn Menschen bei einem Schulamoklauf in Kauhajoki. Am Silvestertag 2009 ermordete ein Lebensmittelhändler fünf Menschen bei einer Schießerei in einem Einkaufszentrum.

Als eine Ursache gelten die im europäischen Vergleich recht liberalen Waffengesetze Finnlands. Mehr als 600.000 der gut fünf Millionen Einwohner des Landes haben eine Schusswaffe angemeldet. Als Reaktion auf die Amokläufe hatte das Parlament die Regeln für Waffenbesitz bereits 2009 geändert. Am Wochenende forderten einige Politiker nun weitere Verschärfungen.

Dem Täter soll es leid tun

Präsident Sauli Niinistö hatte noch eine andere Erklärung. Auf die Frage, warum junge Männer solche Gewalttaten begehen, sagte er am Samstag im finnischen Fernsehen, dies könne auch etwas mit der Wettbewerbsgesellschaft zu tun haben. "Wir setzen uns zu hohe Ziele und können schlecht mit Misserfolgen umgehen." Das könne vor allem bei jungen Menschen zu Hoffnungslosigkeit führen.

Anders als bei den anderen Amokläufen, bei denen die Täter sich umbrachten, wurde der 18-jährige Schütze von Hyvinkää von der Polizei verhaftet. Er war vom Tatort zu Fuß geflohen und ließ sich widerstandslos festnehmen. Am Montag wurde er dem Haftrichter vorgeführt. Im Verhör gestand er die Tat, ein Motiv nannte er nicht. Medienberichten zufolge sagte er den Polizisten, es tue ihm leid.

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