Suche nach Flugzeug im Indischen Ozean:So könnte das Aufspüren von MH370 funktionieren

search for MH370

Ein AP-3C Orion-Suchflugzeug der Australischen Luftwaffe kreist über dem Spezialschiff Oceach Shield

(Foto: dpa)

"Ich glaube, wir suchen im richtigen Gebiet", sagt der Chef des internationalen Teams, das das verschollene Flugzeug aufspüren soll. Doch noch immer ist das Signal, das möglicherweise von der Black Box stammt, nicht genau lokalisiert. Erst wenn ungefähr klar ist, wo das Wrack liegt, kann die eigentliche Arbeit mit U-Booten beginnen.

Von Oliver Klasen

Schon 33 Tage wird nach dem verschollenen Flugzeug der Malaysia Airlines gesucht, doch Angus Houston, der Koordinator des internationalen Suchteams, muss bei seinen Statements noch immer ziemlich oft relativieren. Er benutzt dann Wörter wie "vielleicht" oder "möglicherweise", er spricht von Denken, Glauben, Hoffen und Vermuten - aber nicht von Wissen.

"Ich glaube, wir suchen im richtigen Gebiet", sagt Houston also am Mittwoch im australischen Perth auf der täglich stattfindenden Pressekonferenz. Und weiter: "Ich bin zuversichtlich, dass wir das Flugzeug oder das, was noch vom Flugzeug übrig ist, finden - und zwar in nicht allzu ferner Zukunft."

Die Angehörigen der 239 Insassen von Flug MH370 müssen seit dem 8. März eine quälende Ungewissheit ertragen. Vermeintlich im Ozean gefundene Wrackteile stellten sich mehrmals als gewöhnlicher Müll heraus. Gleichzeitig wird die Suche immer schwieriger, weil die Batterien, die den Ultraschallsender der Black Box antreiben, allmählich zur Neige gehen. Houston hat deshalb die schwierige Aufgabe, eine Balance zu finden zwischen einer realistischen Einschätzung der Lage und vorsichtigem Optimismus.

Am Mittwoch ging es wieder ein bisschen mehr in Richtung Optimismus: Nachdem die Mannschaft des Suchschiffes Ocean Shield mit ihrem Spezialgerät zwei Tage lang keinerlei Ultraschallwellen im Meer ausmachen konnte, ist es ihr jetzt gelungen, das pulsierende Signal wieder zu empfangen. Und zwar gleich zwei Mal. Das erste Mal dauerte es fünf Minuten und 32 Sekunden, das zweite Mal sieben Minuten.

"Natürliche Quelle" ausgeschlossen

Bereits am Samstag war es gelungen, die Ultraschallwellen zweimal zu messen. Untersuchungen dieser beiden akustischen Signale, so Houston, hätten ergeben, dass sie mit den Frequenzen eines Flugschreibers übereinstimmten. Demnach wurden sie in regelmäßigem Abstand von etwa einer Sekunde bei einer Frequenz von 33,33 Kilohertz ausgesandt. Experten schließen daher aus, dass sie von einer "natürlichen Quelle" stammen könnten, etwa von Walen.

Jetzt, wo die Suche offenbar Fortschritte macht, sieht sich Houston mit Fragen konfrontiert, wie es in den kommenden Stunden und Tagen weitergeht. Konkret geht es darum, wann mit Unterwasserfahrzeugen auf den Meeresgrund gesucht werden kann. "Ich könnte mir vorstellen, dass man relativ bald etwas runterschickt, um sich mal näher umzusehen", so die vage Aussage des Suchteam-Chefs dazu.

Vereinfacht ausgedrückt gibt es zwei Arten von Unterwasserfahrzeugen, die bei der Suche nach einem Flugzeugwrack und der anschließenden Bergung zum Einsatz kommen könnten: sogenannte AUV und ROV.

  • AUV steht für Autonomous Underwater Vehicle, zu Deutsch: autonomes Unterwasserfahrzeug. Autonom deshalb, weil es sich, angetrieben von einer Lithium-Batterie, in großen Tiefen bewegen kann, ohne an ein Schiff angedockt zu sein. Wo genau gesucht werden soll, wird von den Experten an Bord des Schiffes programmiert, dann wird das AUV hinabgelassen, zeichnet auf dem Meeresboden Daten auf, taucht wieder auf und die Forscher können die Daten auslesen. Ein AUV kann immer etwa 22 bis 23 Stunden im Wasser bleiben. Die Fahrzeuge verfügen über verschiedene Echolote und Sonarsysteme, mit denen der Meeresboden gescannt und kartiert werden kann. Eine Kamera ermöglicht die Dokumentation. Der Nachteil ist, dass der Einsatz nicht flexibel angepasst werden kann und durch das Auslesen der Daten sowie das Aufladen der Batterien eine Wartezeit entsteht.
  • ROV steht für Remotely Operated Vehicle, zu Deutsch: ferngesteuertes Fahrzeug. Hierbei handelt es sich um Unterwasserroboter, die mithilfe eines Glasfaserkabels von einem Schiff aus mit Strom versorgt werden. Sie sind für die Arbeit in extremen Tiefen konzipiert und haben Spezialgeräte an Bord, unter anderem Greifarme - Manipulatoren, wie die Fachleute sagen - um beispielweise Proben zu entnehmen. Ihr großer Vorteil ist, dass die Einsatzdauer durch die permanente Energiezufuhr nicht beeinträchtigt wird. Außerdem liefern ihre Kameras quasi Livebilder aus der Tiefsee. Wenn auf denen etwas Interessantes auftaucht, kann das Fahrzeug spontan zu der entsprechenden Stelle bewegt werden. ROVs haben allerdings einen eher kleinen Aktionsradius.

Ein weiter Weg, mit mehreren Etappen

Vom akustischen Aufspüren der Black Box bis zur Bergung von Wrackteilen ist es ein weiter Weg, mit mehreren Etappen: "Das Horchen vom Schiff aus ist der erste Schritt. Der zweite Schritt wäre eine Kartierung mittels eines AUV. Damit kann ich interessante Strukturen und Objekte auf dem Meeresboden erkennen. Erst am Ende lässt man einem kabelgebundenen Tauchroboter ab, um einzelne Stellen genauer zu untersuchen", erklärt Jan Rommelsdorf vom Ingenieur-Büro Scholz im schleswig-holsteinischen Fockbek, einer Firma, die sich auf Mess- und Übertragungstechnik für Unterwasseranwendungen spezialisiert hat.

"Ein ROV wird im Grunde erst dann eingesetzt, wenn man das Wrack gefunden hat", sagt Jan Steffen, Sprecher des Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung in Kiel. Weil Batterien und Aufnahmekapazität begrenzt sind, muss vorher der Einsatz mit einem AUV eventuell auch mehrmals wiederholt - und je nach Ergebnis verfeinert werden. "Mit dem sogenannten Seitensicht-Sonar können wir erst einmal einen Grobscan machen und überprüfen, ob es sich um Gestein, Sediment oder zum Beispiel um etwas Metallisches handelt. Danach kommt der Multibeam-Echolot zum Einsatz, mit dem sich auch Gegenstände von der Größe einer Schuhschachtel finden lassen", erklärt der Kieler Ozeanforscher Steffen.

Das dortige Expertenteam verfügt sowohl über ein AUV namens Abyss als auch über zwei verschiedene ROVs (Hier eine Übersicht, die zeigt, welche Fähigkeiten die einzelnen Fahrzeuge haben). Das Kieler AUV, das als eines der wenigen Unterwasserfahrzeuge bis auf eine Tiefe von 6000 Metern hinabtauchen kann, war, gemeinsam mit zwei baugleichen Modellen aus den USA, im Jahr 2009 vor Brasilien an der Suche nach der abgestürzten Air-France-Maschine beteiligt. Damals waren alle drei Fahrzeuge gleichzeitig im Einsatz. So konnte theoretisch ein Gebiet von 100 Quadratkilometern pro Tag abgedeckt werden.

Suchgebiet müsste auf maximal 15.000 Quadratkilometer eingegrenzt werden

Theoretisch deshalb, weil schlechtes Wetter den Einsatz erheblich verzögern kann. "Das Gefährlichste für die empfindliche Elektronik der Geräte ist das Ein- und Aussetzen vom Schiff aus. Da kann bei hohem Seegang leicht etwas beschädigt werden", sagt Steffen.

Die Schwierigkeit bei der Konstruktion ist nicht nur der extreme Wasserdruck, dem die Geräte standhalten müssen. "Auf dem Grund des Ozeans ist es stockdunkel. Da sind extrem leistungsfähige Lampen nötig. Aber selbst bei klarem Wasser beträgt die Sicht oft nur wenige Meter", erklärt Unterwassertechnik-Experte Rommelsdorf.

Derzeit, so schreibt es der britische Guardian, ist das Suchareal auf ungefähr 75 000 Quadratkilometer eingegrenzt. Das ist ungefähr die fünffache Fläche Schleswig-Holsteins. Damit der Einsatz eines AUVs Sinn ergibt, so Ozeanologie Steffen, müsste sich das Gebiet auf höchstens 15 000 Quadratkilometer erstrecken.

Derzeit befindet sich Abyss noch in Kiel zur Generalüberholung. Es könne aber sehr schnell einsatzbereit gemacht werden. "Das ist eine Frage von Tagen", sagt Steffen. Aber selbst wenn eine Anfrage aus Perth eingeht, könnte es sehr lange dauern, bis die Black Box gefunden ist. Im Falle des Air-France-Jets waren es 23 Monate.

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