Sturm "Irma":Häuser ohne Dach, Meeresfische im Pool

Wie ist das, wenn ein Hurrikan über das eigene Haus hinwegfegt? Menschen, die sich verbarrikadiert haben, berichten im Netz über den Sturm, die Flut - und schwankende Hochhäuser.

Hunderttausende Menschen sind vor Hurrikan Irma aus Florida geflohen. Andere haben in Notunterkünften Schutz gesucht oder sich in ihren Häusern verbarrikadiert. Aus ihren Berichten lässt sich nun ablesen, wie es sich anfühlt, wenn ein Hurrikan mit Windgeschwindigkeiten bis zu 230 km/h über das eigene Haus hinwegzieht - und wenn das Erdgeschoss plötzlich vom Meer überflutet wird.

"Um fünf Uhr morgens, als es richtig zu stürmen anfing, begannen Bäume umzustürzen und wir sahen, wie Dächer abgerissen wurden", zitiert der Miami Herald Yeorgo Kapriris, einen Einwohner der Florida Keys, über die Irma am Sonntag (Ortszeit) gezogen ist. "Das Wasser stieg auf etwa fünf Fuß. Wir haben unseren Van verloren. Wir haben alles verloren"

Sein Nachbar George Ramos berichtet der Zeitung, wie das Meer in das Erdgeschoss seines Hauses strömte. Das Eindringen des Wassers sei beängstigend gewesen. Als das Wasser am Sonntagnachmittag wieder abfloss, habe er Meeresfische im Pool gefunden, in den Fahrrädern in der Garage hing Seegras - und im Garten stand ein kleines Boot. "Ich habe keine Ahnung, wem es gehört", so Ramos.

Zunächst hatte es so ausgesehen, als würde Irma die Metropole Miami an der Ostküste Floridas direkt treffen. Stattdessen ist der Sturm weiter nach Westen gezogen. Trotzdem haben die Einwohner Miamis mit Wind und Wasser zu kämpfen. Der Journalist Josh Benson hat ein Video auf Twitter gepostet, das einen von Hochwasser umgebenen Laden in der Stadt zeigt:

Tyler Ridgeway hat den Sturm im 37. Stock eines Hochhauses im Zentrum von Miami ausgesessen. Das ganze Gebäude sei durch Irma ins Schwingen geraten. "Es fühlte sich an, als wäre man zu schnell aufgestanden und müsse sich kurz fangen", sagte er dem Sender CNN. Nur, dass das Gefühl den ganzen Tag über angehalten habe.

Auch in Miami deckte Irma Häuser ab, ein Video zeigt, wie ein komplettes Dach von einem Gebäude gerissen wird:

Am Sonntagabend (Ortszeit) zieht Irma an der Westküste Floridas Richtung Norden. Ein Video aus Marco Island verdeutlicht die Stärke des Sturms:

Etwa fünfzig Kilometer weiter nördlich lebt Dianne Abshire mit ihrem Mann Riley. Sie hätten beschlossen, in ihrem Haus zu bleiben, weil sie fürchteten, auf der Flucht im Stau steckenzubleiben, berichtet die 62-Jährige der Washington Post. Mit geschlossenen Fensterläden hätten sie dort stundenlang ausgeharrt. "Ich fühlte mich wie in einer Sardinenbüchse", sagt die 62-Jährige. "Mein Mann sagte, er würde mich mit Duct Tape an meinem Stuhl festbinden, wenn ich versuche, die Haustür zu öffnen."

Mary Della Ratta ist in einer Kirche in Naples untergekommen. Die 94-Jährige gelangte mit Hilfe der Polizei in die Notunterkunft. "Ich habe überhaupt niemanden mehr", sagte sie dem Guardian. Seit ihr Partner vor zehn Jahren gestorben sei, lebe sie allein in einem Einfamilienhaus. Deshalb habe sie am Samstag ihre Nachbarn gebeten, sie vor Irma in Sicherheit zu bringen. "Geholfen haben sie mir nicht - und mich stattdessen auch noch beschimpft", so Della Ratta. Sie sorgt sich um ihr Zuhause: "Ich habe Angst, vor dem was passiert. Werde ich mein Haus jemals wieder betreten können?"

"Viele Menschen zitterten, als sie hier ankamen", berichtet Kevin Taylor dem Guardian. Der Pfarrer leitet die First Baptist Church in Naples, in deren Kirchengebäude sich am Sonntag mehr als 200 Menschen vor Irma schützen. "Wir haben viel gebetet, nur um die Leute zu beruhigen."

Auf seinem Weg Richtung Norden hat sich Irma deutlich abgeschwächt. Trotzdem wird auch in Tampa eine Sturmflut erwartet. Bevor das Wasser kommt, zieht es sich zunächst zurück. Ein Phänomen, das an den Küsten Floridas in den vergangenen Tagen recht häufig zu sehen war:

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