Studie:Internet wird zum Marktplatz für Pädophile

Studie: Fast jeder 20. Mann hat pädophile Tendenzen

Das Bundesfamilienministerium finanzierte die Studie mit zweieinhalb Millionen Euro.

(Foto: dpa)
  • In Regensburg wurde eine umfangreiche Studie zum Missbrauch von Kindern und Jugendlichen veröffentlicht.
  • Viele Männer haben pädophile Tendenzen. 4,4 Prozent der Befragten berichteten über Fantasien zu sexuellen Handlungen mit Kindern.
  • Untersucht wurde auch die Bedeutung von Internet-Chaträumen als Kontaktbörse.

4,4 Prozent von mehr als 8700 befragten Männer haben Fantasien über sexuelle Handlungen mit Kindern im Alter von zwölf Jahren und jünger. Das geht aus einer umfangreichen Studie zum Missbrauch von Kindern und Jugendlichen hervor. "Weniger als ein Mann unter 1000 erfüllt jedoch die diagnostischen Kriterien der Pädophilie", sagte die Projektleiterin Janina Neutze in Regensburg.

Fast vier Jahre lang hatten Psychiater und Psychologen von Universitäten aus Regensburg, Hamburg, Bonn, Dresden, Ulm sowie aus dem finnischen Turku an dem Projekt gearbeitet. Für die vielen verschiedenen Studien hatten sie anonyme Internet-Interviews mit 28 000 Erwachsenen und mehr als 2000 Kindern und Jugendlichen geführt und ausgewertet. Das Bundesfamilienministerium finanzierte die Untersuchung mit zweieinhalb Millionen Euro.

Internet-Chaträume als Kontaktbörse

Untersucht wurde auch die Bedeutung von Internet-Chaträumen als Kontaktbörse. Von mehr als 2200 hierzug befragten erwachsenen Internetnutzern hatten 5,3 Prozent im Internet Kontakt zu Minderjährigen mit sexuellem Inhalt. Dabei gaben viele Erwachsene ein falsches Alter an; jünger als 18 Jahre machten sie sich aber nicht.

"Oft gibt es einen längeren Internet-Kontakt ohne sexuellen Inhalt", sagte Neutze. Es werde zunächst Vertrauen aufgebaut. Werden sexuelle Inhalte ausgetauscht, haben die Opfer Schwierigkeiten, den Kontakt abzubrechen, erklärte die Expertin: "Die Kinder und Jugendlichen bleiben dabei, weil sie neugierig sind. Im Rahmen ihrer sexuellen Entwicklung nutzen sie das Internet, um erste Erfahrungen zu sammeln."

Sie fühlten sich dort vermeintlich sicher und unterschätzten die Gefahren. Besonders gefährdet sind Kinder, denn: "Kam es zu einem Treffen nach dem Internet-Kontakt mit einem Kind, kam es auch immer zu einem Missbrauch."

Es fehlen Therapeuten

Zur Prävention von sexuellem Missbrauch forderte die Leiterin der Studie eine bessere Aufklärung von Kindern über die Risiken des Internets sowie eine offene Debatte, in die Eltern und Lehrer stärker einbezogen werden sollten. Nur wenige Therapeuten seien bereit, mit Pädophilen zu arbeiten, sagte Neutze. Die Studie habe auch ergeben, dass es an qualifizierten Behandlungen für die Opfer fehle.

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