Studie:Dem Mutigen gehört die Welt

Forscher haben die Risikobereitschaft der Deutschen untersucht und kommen zu überraschenden Ergebnissen.

Jonas Viering

Risikofreudige Menschen sind zufriedener als andere. Und groß gewachsene Menschen gehen öfter Risiken ein als kleine. Das sind zwei eher überraschende Ergebnisse einer Risikostudie, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung nun veröffentlicht hat.

Es ist das größte seiner Art im Land, und nach Angaben der Verfasser ist auch die Studie mit 22000 befragten Menschen die bislang größte überhaupt zum Thema Risiko. Der Zusammenhang zwischen Körpergröße und Risikobereitschaft ist nie zuvor untersucht worden. Andere mühsam von den Wissenschaftlern in Tests ermittelte Erkenntnisse bestätigen allerdings gängige Vorurteile: Frauen scheuen Risiken stärker als Männer, alte Menschen tun dies mehr als junge.

Wagemut ist besser

Fast genauso stark auf das Verhalten der Menschen bei der Geldanlage, im Sport, im Straßenverkehr oder im Berufsleben wirkt ein weiterer Faktor: der Bildungsgrad der Eltern. Wer Eltern mit Abitur oder Studium hat, wagt mehr im Leben.

Dies alles ist aus Sicht der Forscher keine Spielerei, sondern wirtschaftswissenschaftlich von Bedeutung. Sogar beim Einfluss der Körpergröße auf das Risikoverhalten ist das so: Bislang wurde gerätselt, warum Arbeitnehmer mit Gardemaß im Schnitt mehr Geld bekommen als kleine Angestellte, die unterschiedliche Risikobereitschaft könnte nun die Erklärung sein.

Auch dass Männer immer noch im Schnitt besser bezahlt werden als Frauen, könnte mit ihrer größeren Aufgeschlossenheit für Risiken zusammenhängen - doch erkläre dies die Gehaltsunterschiede nur zum Teil, wie die Forscher betonen. Wagemut bringt der Studie zufolge ökonomisch bessere Ergebnisse als Zurückhaltung oder Ängstlichkeit, und zwar - so die These - für den Einzelnen wie für die Gesellschaft.

Bildung ist ein Schlüsselfaktor

In einer alternden Gesellschaft wie der in Deutschland schrumpft die Risikobereitschaft, sagen die Forscher voraus. Folge könne sein, dass der wirtschaftliche Erfolg des Landes zurückgehe und einschneidende Reformen zusehends auf Ablehnung stießen. Es geht also bei der Risikoforschung auch um die große Politik.

Weil Bildung Angst nimmt, sei sie angesichts des kaum aufzuhaltenden Alterungsprozesses der Bevölkerung ein Schlüsselfaktor, so die Wissenschaftler. Sie haben die in Befragungen ermittelten Risikoprofile sogar experimentell geprüft. Die Testpersonen bekamen teils Spielgeld in die Hand und mussten bei der Anlage zwischen sicheren, niedrig verzinsten und weniger sicheren ertragsreichen Optionen wählen.

Die Ergebnisse aber werfen wieder manche Fragen auf, wie Armin Falk aus dem Autorenteam einräumt: Jemand kann zufriedener sein, weil er sein Leben risikofreudig selbst gestaltet - oder er traut sich Risiken zu, weil er zufrieden ist. Offen bleibt auch, ob große Menschen Gefahren deshalb weniger scheuen, weil im steinzeitlichen Überlebenskampf mit dem Säbelzahntiger die eigene Körpergröße entscheidend sein konnte - und sei es fürs erfolgreiche Weglaufen.

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