Strafrecht nach Scharia:Brunei will Steinigungen einführen

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Peitschenhiebe als Strafe für Alkoholkonsum, Steinigung nach Ehebruch und Amputationen bei Diebstahl: Das Strafrecht der Scharia sieht grausame Vergeltungsmaßnahmen vor. Das Sultanat Brunei will die Rechtsordnung nun für Muslime einführen.

Das südostasiatische Sultanat Brunei wird Medienberichten zufolge das Strafrecht der Scharia einführen. Sultan Hassanal Bolkiah sagte in einer Rede, die neue Rechtsprechung trete in den kommenden sechs Monaten Schritt für Schritt in Kraft. Für eine Reihe von Gesetzesverstößen, darunter Ehebruch, sieht das Scharia-Recht die Steinigung vor. Weitere schwere Strafen sind Amputationen von Gliedmaßen für Diebstahl und Peitschenhiebe für Vergehen wie Abtreibung und Alkoholkonsum. Alkoholkonsum war in dem Land bislang schon strafbar.

Machthaber Bolkiah, einer der reichsten Männer der Welt, pries in seiner Rede die Einführung der Scharia im Strafrecht als "Pflichterfüllung gegenüber Allah". Gleichzeitig versuchte er Bedenken auszuräumen: Die Scharia werde "unsere Politik in keiner Weise ändern". Brunei bleibe ein "Mitglied der Familie der Nationen", sagte der 67-jährige absolutistisch herrschende Monarch, dessen Familie das etwa 400.000 Bürger zählende Königreich seit sechs Jahrhunderten streng autoritär führt.

Auch die Regierung hatte jüngst zugesichert, dass eine Bestrafung nach Scharia-Recht nur nach sehr ausführlicher Prüfung erfolge. Die Beweisführung sei extrem anspruchsvoll, und die Richter seien zu größter Zurückhaltung bei der Rechtsanwendung aufgefordert. Außerdem soll die Scharia nur bei Straftaten von Muslimen angewandt werden. Die Mehrheit der Bevölkerung des Landes ist muslimisch.

Menschenrechtler protestieren scharf

Selbst der Sultan hatte in der Vergangenheit während des Gesetzgebungsverfahrens gelegentlich Bedenken geäußert. Und auch in der Bevölkerung, die traditionell den König als unanfechtbare Autorität akzeptiert, wurden Zweifel laut, ob die Scharia mit der friedliebenden Kultur der mehrheitlich malaiischen Muslime vereinbar ist.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) kritisierte den Schritt als abscheulich und rückwärtsgewandt. "Brunei zeigt seine feudalen Eigenschaften als ein Staat des 18. Jahrhunderts", sagte der stellvertretende HRW-Asienchef Phil Robertson.

Das Rechtssystem Bruneis ist zweigleisig: Es verbindet seit seiner Kolonialvergangenheit eine zivilrechtliche Gerichtsbarkeit nach britischem Vorbild mit einer Scharia-Rechtsprechung für niedere Rechtsfragen wie Erbfälle und eheliche Angelegenheiten. Noch bis 1984 war Brunei britisches Protektorat.

© Süddeutsche.de/AFP/pauk - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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