Stilkritik:Merry Christmas

Stilkritik: Foto: Elaine Thompson/AP

Foto: Elaine Thompson/AP

Dürfen Weihnachts-Becher von Starbucks nur rot sein, also keine Rentiere, keine Christbaumkugeln, nicht mal eine Schneeflocke zeigen? Und ob sie das dürfen.

Von Michael Neudecker

Folgendes ist passiert: In Amerika hat ein Mann ein Video aufgenommen und es bei Youtube veröffentlicht, wo es in den vergangenen zwei Tagen etwa zwölf Millionen Mal angeklickt wurde. In dem Video regt sich der Mann über die neuen Weihnachts-Becher von Starbucks auf, die nur rot sind und sonst nichts - keine Rentiere, keine Christbaumkugeln, nicht mal eine Schneeflocke. Starbucks führe einen Krieg gegen Weihnachten, schimpfte der Mann, der Joshua Feuerstein heißt und früher als eine Art Fernsehpfarrer auftrat. Er forderte seine Zuschauer auf, sich bei Starbucks einen Kaffee zu kaufen und zu tun, was er tat: die Frevler überlisten. Weil die Bediensteten den Namen eines jeden Kunden auf dessen Becher schreiben müssen, hat Feuerstein gesagt, er heiße "Merry Christmas". Wenn das alle täten, stünde am Ende doch auf allen Bechern ebendies, was das Unternehmen ja wohl nicht wollte: eine Weihnachtsbotschaft. Verdammt. Genial.

Man könnte es nun bedauern, dass es das Namen-auf-Becher-Schreiben nur bei der amerikanischen Kaffeekette gibt und nicht auch, sagen wir, in der Betriebskantine; denn dann könnte man mit Feuerstein'scher Schläue dafür sorgen, dass einem überall ein "Fröhliche Weihnachten!" entgegenschallt. Daraus ergeben sich aber drei Fragen. Erstens: Will man das? Zweitens: Welchen Wert hat ein Boykottaufruf, der dem Unternehmen zwölf Millionen potenzielle Kunden beschert? Und drittens, da die Kaffeekette in den sozialen Medien mehrheitlich gelobt wird, dieses Jahr "die Schlichtheit des Festes" zu betonen, wie es ein hoher Starbucks-Mann formulierte: Macht Feuersteins Appell den roten Becher nicht zur idealen Waffe im Kampf gegen den Kitsch? Ist doch toll, wenn ein Unternehmen den Zug des weihnachtlichen Konsum-Wahnsinns fahren lässt, ohne aufzuspringen. Oder?

Darauf einen Kaffee, am besten diese Bohne: "2015 Starbucks Christmas Blend".

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