Staatsanwaltschaft ermittelt:Freie Fahrt für Fußballer

Mangel an Zeit und Überfluss an Geld: Mehr als 50 Fußballprofis sollen einen Führerschein ohne Prüfung erhalten haben. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt, betroffen sind Stars wie Werder Bremens Diego.

Mehr als 50 Fußballprofis der Ersten und Zweiten Bundesliga sowie Spieler aus unteren Ligen sollen nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig Führerscheine ohne reguläre Prüfung erhalten haben. Entsprechende Informationen der Bild-Zeitung bestätigte die Staatsanwaltschaft Braunschweg auf Anfrage von sueddeutsche.de.

Staatsanwaltschaft ermittelt: Diego gehört zu den Bundesligaprofis, die einen "Führerschein light" erhalten haben sollen - aber auch Naldo und Torsten Frings (re.), die Sie beim Klick auf das Bild sehen können.

Diego gehört zu den Bundesligaprofis, die einen "Führerschein light" erhalten haben sollen - aber auch Naldo und Torsten Frings (re.), die Sie beim Klick auf das Bild sehen können.

(Foto: Foto: ddp)

Demnach ermittelt die Anklagebehörde wegen des Verdachts der Bestechung und Bestechlichkeit gegen einen Fahrlehrer aus Northeim (Niedersachsen), drei Mitarbeiter des TÜV Nord in Göttingen, einen Optiker und einen "Mitarbeiter einer gemeinnützigen Hilfsorganisation", der Bescheinigungen über Erste-Hilfe-Kurse ausgestellt haben soll.

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Braunschweig, Joachim Geyer, sagt: "Spieler bekamen einen Führerschein, ohne je einen deutschen Fahrschulwagen von innen gesehen zu haben."

"Fäden laufen in Northeim zusammen"

Die Führerscheine wurden offenbar an Spieler bei Vereinen in ganz Deutschland vergeben. Bild zitiert aus einem 96-seitigen Untersuchungsbericht der Staatsanwaltschaft. Demnach sollen unter anderem die Fußball-Profis Diego, Naldo und Frings (Werder Bremen), David Odonkor (Betis Sevilla), Marcelinho (VfL Wolfsburg), Diego Klimowicz (Borussia Dortmund) und weitere Spieler der Vereine Bayer Leverkusen, 1. FC Nürnberg, Hannover 96, Hertha BSC Berlin und Hamburger SV in die Affäre verwickelt sein. Gegen sie wird laut Staatsanwaltschaft "derzeit nicht ermittelt".

"Es handelt sich insbesondere um ausländische Spieler", sagte Joachim Geyer zu sueddeutsche.de. Neben den Sprachschwierigkeiten von Bundesliga-Neuzugängen spricht auch der Mangel an Zeit und der Überfluss an Geld dafür, dass Führerscheine ohne entsprechende Prüfung ausgestellt worden sein könnten. Wer diesen Handel organisiert haben könnte, ist unklar. Staatsanwalt Geyer gibt keine Auskunft: "Das ist Gegenstand der Ermittlungen."

Aber für einen hohen Organisationsgrad spricht die Stellung der verdächtigten Personen - zusammengenommen ergibt sich daraus eine Kette, in der alle für den Führerschein benötigten Teilbescheinigungen ausgestellt werden können. "Die Fäden laufen in Northeim zusammen", sagt Joachim Geyer.

Extra-Service

Dem Bild-Bericht zufolge sagte Bremens Superstar Diego bei der Polizei aus, er habe keinen Theorieunterricht gehabt. Praxisunterricht mit den Prüfern habe es ebenfalls nicht gegeben. Auf seine Frage, ob das nicht notwendig sei, wäre gleich der Führerschein ausgehändigt worden. Er habe 2900 Euro in bar übergeben.

Wolfsburg-Spielmacher Marcelinho sagte der Kripo laut Bild, er habe einige Fragen der Theorieprüfung nicht beantworten können. Der Prüfer habe gesagt, das sei kein Problem. Einen Extra-Service bekam nach dem Ermittlungsbericht auch Nationalspieler Torsten Frings bei seiner Motorrad-Prüfung. Er habe dafür 1600 oder 1700 Euro auf den Tisch gelegt - ohne Quittung. Einen vorgeschriebenen Erste-Hilfe-Kurs gab es nicht.

Die Ermittlungen laufen bereits seit 2007.

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