Spanien:Auf der Suche nach der Doppelgängerin

Spanien: Große Ähnlichkeit: Eva Casado (rechts) und ihre Doppelgängerin auf der Tomatina (links).

Große Ähnlichkeit: Eva Casado (rechts) und ihre Doppelgängerin auf der Tomatina (links).

(Foto: El País.com Screenshot)

Ein Foto in der Zeitung zeigt angeblich die Spanierin Eva Casado auf einem Tomaten-Festival. Sie war aber niemals dort. Die Geschichte einer Verwechslung.

Von Thomas Urban, Madrid

Als Eva Casado vor fünf Jahren zum ersten Mal das Foto mit der jungen Frau sah, wusste sie: Es ist wahr! Das Gerücht, dass jeder Mensch auf Erden einen Doppelgänger hat. Das Bild hatte das Magazin einer Fluggesellschaft abgedruckt. Der Cousin der Madrider Fotografin entdeckte es, als er auf einem Flug von Mexico-City in seine Heimatstadt das Bordmagazin durchblätterte. Es gehörte zu einer Reportage über die Tomatina, die traditionelle Matsche-Fiesta in der Kleinstadt Buñol bei Valencia, auf der sich Tausende von Menschen, meist Touristen, eine Stunde lang mit überreifen Tomaten bewerfen.

Das Foto zeigt eine junge Frau, die wohl schon ein paar Kilo Tomatenmatsch abbekommen hat und neugierig in die Kamera schaut. Der Cousin brachte also Eva Casado das Magazin und beschwerte sich: "Warum hast du nie von deinem Ausflug zur Tomatina erzählt?" Die Cousine aber klärte ihn auf: "Das ist meine Doppelgängerin!" Schnell fand sie heraus, dass das Foto aus dem Jahr 2010 stammte. Der Fotograf hatte einfach in die Menge geknipst.

Eva Casado sucht auf Facebook nach ihrer Doppelgängerin

Eva Casado ließ das Bild keine Ruhe. Sie machte ihre Haare wie bei der jungen Frau zurecht, studierte ihr Lächeln ein, stellte in ihrem Fotostudio dieselben Lichtverhältnisse her - und postete beide Bilder auf ihre Facebook-Seite. Doppelgänger, die Menschheit treibt das Thema schon lange um, E. T. A. Hoffmann, Heinrich Heine sowie die Väter des Psychokrimis Edgar Allan Poe und Fjodor Dostojewski haben sich damit gequält, und da gibt es den zauberhaften Kultfilm "Die zwei Leben der Veronika" des polnischen Regisseurs Krzysztof Kieślowski.

Doch dann kam Eva Casado noch ein anderer Gedanke: eine verschwundene Zwillingsschwester. Auch in Spanien kennt man "Das doppelte Lottchen". Und es gab im realen Leben solche Geschichten: In der Franco-Zeit wurden Tausende soeben geborene Kinder ihren Müttern weggenommen, wenn diese als politisch unzuverlässig galten. Nun ist Franco schon mehr als vier Jahrzehnte tot, aber wer weiß? Die Fotografin fragte zur Sicherheit ihre Mutter. Ja, die Geburt sei schwer gewesen, die Mutter habe nicht alles mitbekommen, was damals um sie geschah, alles Mögliche hätte passieren können.

Die Facebook-Nachricht mit den beiden Bildern teilten mehr als 80 000 Menschen. Vor zwei Wochen, als die diesjährige Tomatina wieder bevorstand, fand die Geschichte den Weg in die Presse und das Fernsehen. Ganz Spanien suchte nun nach dem geheimnisvollen Tomatina-Mädchen.

Und dann geschah tatsächlich, was alle erhofft hatten: Die junge Frau meldete sich, allerdings aus Miami in Florida. Zum Beweis, dass sie es ist, schickte sie ein weiteres Foto von sich, das sie im selben bekleckerten T-Shirt mit Freunden auf der Tomatina 2010 zeigte. Sie ist Amerikanerin und hat keine Verwandten in Spanien. Auch ist sie ein paar Jahre jünger, sie kann also keine verschwundene Zwillingsschwester sein. Nun möchte ganz Spanien, dass die beiden sich treffen.

Aber ob diese Begegnung zustande kommt, das wenigstens solle ein Geheimnis bleiben, sagte Eva Casado bei ihren zahlreichen Medienauftritten in diesen Tagen. Deshalb hat sie ihrer Doppelgängerin versprochen, deren Namen und Adresse nicht zu verraten.

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