Spanien:Bloß keine Tiere retten

Spanien: In Galicien kann es ab jetzt teuer werden, Straßenhunde zu füttern.

In Galicien kann es ab jetzt teuer werden, Straßenhunde zu füttern.

(Foto: Julia Manzerova via Flickr.com (CC BY 2.0))
  • In der spanischen Region Galicien gibt es jetzt einen Bußgeldkatalog, wenn streunende Hunde und Katzen gefüttert oder aufgenommen werden.
  • Die Maßnahme soll sich den Behörden zufolge gegen improvisierte Tierheime richten, die sich jeglicher amtlicher Kontrolle entziehen.
  • Tierschützer protestieren gegegn die neue Verordnung.

Von Thomas Urban

Kann denn Liebe Sünde sein? Ja, meint die konservative Mehrheit im Regionalparlament von Galicien, der kühlen und verregneten Nordwestecke Spaniens. Dann nämlich, wenn es um übersteigerte Tierliebe geht. Und um diese handele es sich, so befanden jedenfalls die Regionalpolitiker kalten Herzens, wenn streunende Hunde und Katzen ohne Erlaubnis der Behörden gefüttert oder gar aufgenommen werden. Dafür gibt es nun einen Bußgeldkatalog, und nach dem können bis zu 5000 Euro fällig werden bei fortgesetzter, schwerer Missachtung der neuen Vorschriften.

Die Tierschützer und die links orientierten Oppositionsgruppen in der ehrwürdigen Pilgerstadt Santiago de Compostela, der Hauptstadt Galiciens, sind deshalb nun in heller Aufregung. Einen "barbarischen Akt" nennen sie das. Es sei "ein Verstoß gegen das Gebot der christlichen Liebe, wie sie der heilige Franziskus, der zu den Tieren sprach, vorgelebt hat". Besonders empört es sie, dass die neuen Bestimmungen als Beitrag zum Tierschutz deklariert werden.

Doch das galicische Veterinäramt weist diese Proteste zurück. Die Verordnung richte sich keineswegs gegen Altruisten, die bedrohten Kreaturen helfen wollen. Denn sie ziele erstens darauf ab, kranke Tiere abzusondern, zweitens sollen Streuner sterilisiert werden. Doch Tierschutzorganisationen nennen diese Erklärungen Schönfärberei. Denn wenn ein Streuner einmal in einem kommunalen Tierheim gelandet ist, droht ihm der Tod: Meldet sich binnen drei Wochen der Besitzer nicht und findet sich auch kein neuer, kann das Tier eingeschläfert werden.

In einem Jahr wurden in Spanien 140 000 Hunde und Katzen gefangen

Die Behörden stellen klar, dass sich ihre Maßnahme durchaus auch gegen die improvisierten Tierheime richtet, die sich jeglicher amtlicher Kontrolle entziehen. Doch nicht betroffen sind demnach Initiativen, die Tiere mit Gesundheitszertifikat zur Adoption vermitteln wollen, vor allem nach Deutschland. Diesen Initiativen wird bescheinigt, dass sie in guter teutonischer Tradition mit den Behörden zusammenarbeiten. Es sind vor allem nach Spanien übergesiedelte deutsche Frauen, die Webseiten betreiben und Geld einwerben, um ausgesetzten Hunden und Katzen eine bessere Zukunft nördlich der Alpen zu ermöglichen.

Doch gerettet werden kann auf diese Weise nur ein Bruchteil der Streuner. Nach Angaben der spanischen Behörden wurden 2015 im ganzen Land 140 000 herrenlose Hunde und Katzen eingefangen. Untersuchungen zeigen, dass viele von ihnen zu Beginn der Ferien für Kinder angeschafft werden, aber dann die Heimfahrt in den Alltag nicht mitantreten dürfen. Immer wieder greifen Kulturwissenschaftler dieses Phänomen auf, sie schlagen einen Bogen vom Kult um den Tod des Stiers in der Arena bis zum mitleidlosen Umgang mit Haustieren.

Die Behörden streben an, zumindest jeden Hund in einem zentralen Register zu erfassen. Dafür bekommen die Tiere einen hauchdünnen Chip in die Hautfalte am Hals eingesetzt, jeder Tierarzt kann sie dann mit einem Lesegerät identifizieren. So sollen auch die Halter ermittelt werden, die ihre Hunde aussetzen. Und dafür sind immerhin noch deutlich härtere Strafen vorgesehen als für das Füttern der Streuner.

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