Skandal um Brustimplantate:Deutsche Firma verkaufte Billig-Silikon

Das Material ist eigentlich als Dichtungsmasse für die Baubranche gedacht: Ein deutscher Chemikalienhändler verkaufte das Industrie-Silikon nach Frankreich. Dort wurden daraus Hunderttausende Brustimplantate produziert. Die in einem üblen Verdacht stehen.

Das möglicherweise gesundheitsschädliche Billig-Silikon in französischen Brustimplantaten stammt offenbar aus Deutschland. Ein Sprecher des Chemikalienhändlers Brenntag bestätigte, dass seine Firma Industrie-Silikon an den Prothesen-Hersteller PIP verkauft hat. "Wir haben das Produkt an PIP geliefert und sind mit den französischen Gesundheitsbehörden in Kontakt", sagte der Sprecher.

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Impantate der französischen Firma PIP: Eigentlich wird dieses Silikon als Dichtungsmasse auf dem Bau eingesetzt.

(Foto: AFP)

Das Material ist den Angaben zufolge unter dem Namen "Baysilone" bekannt und wird zum Beispiel als Dichtungsmasse in der Baubranche eingesetzt. Mehr wollte der Sprecher zu den Geschäftsbeziehungen zwischen dem Brenntag-Konzern und PIP nicht sagen.

Das französische Unternehmen Poly Implant Prothese, kurz PIP, hatte Brustimplantate mit Industrie-Silikon gefüllt statt mit für medizinische Zwecke zugelassenem Kunststoff. Hunderttausende Frauen weltweit tragen die minderwertigen Kissen in der Brust, die Kritikern zufolge krebserregend sind. Die Implantate stehen in Verdacht, leichter zu reißen als höherwertige Alternativen. Das austretende Silikon kann zu vielfältigen Gesundheitsschäden führen.

PIP-Unternehmensgründer Jean-Claude Mas verteidigte die Herstellung der Silikon-Einsätze mit dem kostengünstigen Ersatzstoff - er plant offenbar, auch in Zukunft billige Implantante herzustellen.

Frankreich hatte kurz vor Weihnachten in einer beispiellosen Aktion etwa 30.000 Patientinnen aufgefordert, sich die Implantate herausoperieren zu lassen. In Deutschland, Großbritannien und Brasilien haben die Behörden betroffene Frauen aufgefordert, einen Arzt aufzusuchen. Insgesamt sollen weltweit bis zu 300.000 Frauen die umstrittenen Produkte eingesetzt bekommen haben, viele von ihnen leben in Lateinamerika. Hergestellt wird das Industrie-Silikon Baysilone nach Angaben von Brenntag von dem US-Unternehmen Momentive Performance Materials. Diese Firma ging aus der GE Bayer Silicones hervorgegangen, einem 1998 gegründeten Gemeinschaftsunternehmen des deutschen Chemiekonzerns Bayer und dem US-Industriekonzern GE. 2006 hatte Bayer seine Anteile an GE verkauft.

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