Serienmord an kanadischen Prostituierten:Spuren des Grauens

Während im Gericht von Vancouver schwer erträgliche Details der Bluttaten offenbart werden, gibt sich der Angeklagte unwissend.

Bernadette Calonego

"Ich hatte den Eindruck, dass er dachte, Frauen seien nur dreckige gemeine Schweine." Diese Aussage eines Freundes des mutmaßlichen Serienmörders Robert "Willy" Pickton hörten die zwölf Geschworenen gegen Ende der ersten Prozesswoche im Gericht von New Westminster nahe der kanadischen Hafenstadt Vancouver.

Der 57-jährige Schweinefarmer ist des Mordes an 26 Prostituierten angeklagt, in einer ersten Phase werden aber vorerst nur sechs Morde verhandelt. Pickton habe ihm auch gesagt, wie er die Prostituierten umbrachte, sagte der Freund in einer Videoaufzeichnung der Polizei von Vancouver, die vor fünf Jahren entstanden war und nun dem Gericht präsentiert wurde.

Pickton habe seine Opfer in Handschellen gelegt und dann mit einem Draht oder einem Gürtel erdrosselt, sagte der Zeuge. Dann habe er nach eigenen Aussagen ihre Leichen im Schlachthaus zerlegt und anschließend an seine Schweine verfüttert. Das ist nur eine der grauenhaften, aber noch nicht bewiesenen Anschuldigungen, mit der das Gericht und die kanadische Öffentlichkeit in den vergangenen Tagen konfrontiert wurden.

Spuren grausamer Taten

Als die Polizei im Februar 2002 die Farm der drei Pickton-Geschwister in Port Coquitlam nach illegalen Feuerwaffen durchsuchte, stießen die Beamten auf Spuren grausamer Taten. In einer Eistruhe stießen sie auf die Schädel, Hände und Füße zweier ermordeter Frauen, Sereena Abotsway und Andrea Joesbury. Später entdeckte die Polizei in beiden Schädeln Schusswunden.

Dieselben Körperteile einer anderen vermissten Prostituierten, Mona Wilson, wurden in einer Mülltonne gefunden. Ihr Schädel war mit einer Säge zweigeteilt, ihre Hände und Füße waren in den Schädel gestopft worden. Staatsanwalt Prevett sagte, insgesamt habe man auf der Farm 14 Handknochen sichergestellt. Während der zwei Jahre dauernden Suche fand die Polizei auch Überreste in Schweinetrögen und Mülltonnen. Sie fanden bei der Suche auch einen Asthma-Inhalator einer Prostituierten und ein Notizbüchlein.

Staatsanwalt Derrill Prevett hatte erklärt, er wolle beweisen, dass der unverheiratete Eigenbrötler seine Opfer auf dem Straßenstrich in Vancouvers ärmstem und heruntergekommensten Viertel Downtown Eastside mit Versprechen auf Gratisdrogen in seinen Truck und damit in den Tod lockte. Von 1978 bis 2001 verschwanden über sechzig Huren in Vancouver - von vielen weiß man bis heute nicht, was mit ihnen geschah - , aber erst vor sechs Jahren wurde die Polizei tätig.

Während im Gerichtssaal das Videoband mit dem elf Stunden dauernden ersten Polizeiverhör abgespielt wurde, saß Robert Pickton bewegungslos hinter einer schusssicheren Scheibe, ab und zu kritzelte er gelangweilt auf einen Schreibblock. Sein Verteidiger Peter Ritchie erklärte, Pickton habe die Morde nicht begangen.

"Hart arbeitenden Mann"

Doch Staatsanwalt Prevett stellte in Aussicht, man werde dem Gericht auch Videobänder vorspielen, in denen Pickton nach seiner Verhaftung im Februar 2002 in seiner Zelle einem Undercover-Agenten, der sich als Häftling ausgab, gestand, er habe 49 Prostituierte auf seiner Schweinefarm ermordet und dann noch eine umbringen wollen, "um eine runde 50 zu machen".

Er soll erzählt haben, dass er eine Fleischmaschine seines Schlachtbetriebs zur Entsorgung von Leichen eingesetzt habe. Der Ankläger will dem Gericht in Vancouver auch eine Zeugin präsentieren, die gesehen haben soll, wie Pickton eine Frau im Schlachthaus tötete.

Im Verhör, das dem Gericht präsentiert wurde, beschrieb sich Pickton als ,,hart arbeitender Mann'' und "gewöhnlicher kleiner Bauernsohn". Gegen Ende des Verhörs begann jedoch die Mauer zu bröckeln: Als der Polizeiermittler Don Adam in taktischer Raffinesse kritisierte, er, Pickton, habe das Blut seiner Opfer nicht gut genug beseitigt, antwortete Pickton: "Ja." Um später anzufügen: "Ich hatte noch eine Tat geplant, aber das war das Ende davon." Bei der letzten sei er "schlampig" geworden.

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