Indische Polizei fasst sechs Täter:Gruppenvergewaltigung einer Schweizerin offenbar aufgeklärt

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Die Schweizerin, die in Indien Opfer einer Gruppenvergewaltigung wurde (verhüllt), wird von der Polizei in Gwalior im Bundesstaat Madhya Pradesh ins Krankenhaus gebracht. Fünf Täter haben die Tat offenbar gestanden. (Foto: REUTERS)

Die indische Polizei hat die Vergewaltiger einer 39-jährigen Schweizerin festgenommen. Sechs Kleinbauern zwischen 20 und 25 Jahren haben gestanden, die Frau und ihren Ehemann beim Zelten überfallen zu haben. Der Innenminister des indischen Bundesstaates Madhya Pradesh macht aber auch die Touristen selbst für die Tat verantwortlich.

Die Vergewaltigung einer Schweizer Touristin in Indien steht offenbar kurz vor der Aufklärung. Fünf der Täter der Gruppenvergewaltigung hätten die Tat gestanden, sagte ein örtlicher Ermittler, ein sechster Verdächtiger wurde mittlerweile festgenommen und ist laut Informationen von al-Dschasira ebenfalls geständig. Der Vorfall wirft erneut ein Schlaglicht auf die weitverbreitete Gewalt gegen Frauen in Indien.

Fünf Kleinbauern im Alter zwischen 20 und 25 Jahren wurden nach Angaben eines Polizeisprechers in Madhya Pradesh festgenommen, ein sechster Verdächtiger wurde im benachbarten Bundesstaat Uttar Pradesh gefasst. Die Polizei habe einen Laptop, Geld und ein Mobiltelefon gefunden, die dem Paar bei dem Angriff gestohlen worden waren.

Das 39-jährige Opfer und ihr Ehemann hatten in einem Wald im zentralindischen Bundesstaat Madhya Pradesh campiert, als sie am Freitagabend von Männern überfallen und mit Stöcken zusammengeschlagen wurden. Die Kleinbauern hätten beobachtet, wie "das Paar sein Zelt aufstellte" und die "Gelegenheit erkannt, die Frau anzugreifen und zu vergewaltigen". Der Partner der Schweizerin wurde demnach gefesselt und musste mit ansehen, wie sich mehrere Angreifer an seiner Frau vergingen.

Das Urlauberpaar war mit Fahrrädern auf dem Weg nach Agra, wo der berühmte Taj Mahal steht. In der Nähe der Tempelstadt Orchha hätten sie ihr Camp zum Übernachten aufgeschlagen, erklärte der Polizeipräsident des Distrikts, C. S. Solanki.

Die Schweizerin wurde in ein Krankenhaus in der etwa 70 Kilometer entfernten Stadt Gwalior gebracht. Nach einer ersten Untersuchung bestätigte das Hospital, dass die Frau mehrfach vergewaltigt wurde, wie der Sender NDTV berichtete.

Schweizer Botschafter "zutiefst erschüttert"

Fernsehbilder zeigten zahlreiche Polizisten, die das Waldstück durchkämmten. Laut einem lokalen Beamten wurde die Gegend weiträumig abgeriegelt. Nach Angaben eines Polizeisprechers begab sich das Paar am Sonntag auf dem Weg in die Hauptstadt Delhi.

Der Schweizer Botschafter sprach mit dem Opfer und ihrem Partner und sicherte ihnen jegliche erdenkliche Hilfe zu. In einer Mitteilung hieß es, die Botschaft sei "zutiefst erschüttert". Zunächst stünde die Gesundheit und Behandlung der Schweizerin im Vordergrund. Doch zugleich wurden die lokalen Behörden zu schnellen Ermittlungen aufgefordert. Die Täter müssten bestraft werden.

Der Innenminister des Bundesstaates Madhya Pradesh geriet unterdessen in die Kritik, weil er die beiden Schweizer für die Tat mitverantwortlich machte. Touristen würden oft die Regeln missachten, sagte Uma Shankar Gupta in Bhopal. "Wenn ausländische Touristen kommen, dann ... sollten sie die Polizeipräsidenten der Distrikte, die sie besuchen, über ihre Reisepläne informieren", sagte der Minister. Dann könne für ihre Sicherheit gesorgt werden.

Vergewaltigungen und der respektlose Umgang mit Frauen sind ein großes gesellschaftliches Problem in Indien. 2011 zählten die Behörden rund 24.200 gemeldete Vergewaltigungen, die Dunkelziffer dürfte allerdings um ein Vielfaches höher liegen. Denn viele Frauen gehen nicht zur Polizei, weil sie mit der Veröffentlichung Schande über ihre eigene Familie bringen würden.

Auch werden viele Anzeigen von der Polizei nicht aufgenommen, andere verlaufen im Sand. Und nur etwa ein Viertel der Angeklagten, die vor Gericht müssen, werden schließlich verurteilt. Täter, die sich an indischen Frauen vergehen, haben also oft nichts zu fürchten.

Diskussionen über Stellung der Frau

Touristinnen werden eher selten Opfer. Allerdings rät das Auswärtige Amt Reisenden, vor allem Frauen, vorsichtig zu sein. Im November vergangenen Jahres wurde eine Spanierin, die familiäre Bindungen nach Deutschland hat, in ihrer Wohnung in Mumbai überfallen und vergewaltigt. Und vor zehn Jahren war eine Schweizer Diplomatin in der Hauptstadt Delhi in ihrem Auto entführt und misshandelt worden. Der Fall ist bis heute nicht aufgeklärt.

Derzeit diskutiert Indien so intensiv wie wohl nie zuvor über die Vergewaltigungen und die Stellung der Frau. Losgetreten wurde die Debatte durch die brutale Misshandlung einer 23 Jahre alten Studentin, die in einem fahrenden Bus von einer Gruppe Männern vergewaltigt wurde und später an den Verletzungen starb. Das Verbrechen löste in Indien Massendemonstrationen aus und sorgte auch weltweit für Entsetzen. Der mutmaßliche Haupttäter hatte vor einer Woche in seiner Zelle allem Anschein nach Suizid begangen. Ob sich die indische Gesellschaft durch die Tragödie ändert, wird im Land kontrovers diskutiert.

© Süddeutsche.de/dpa/pak/mahu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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