Schwedisches Königshaus:Oben Krone

Hochzeit Schweden - Prinz Carl Philip und Sofia Hellqvist

Schwedens Prinz Carl Philip und seine langjährige Freundin Sofia Hellqvist heiraten.

(Foto: dpa)

Am Samstag heiratet der schwedische Prinz Carl Philip das ehemalige Bikinimodel Sofia Hellqvist. Ein Skandal? Im Gegenteil. Royalisten und Adelsexperten lieben die zukünftige Prinzessin.

Von Silke Bigalke und Laura Hertreiter

Den besten Blick aufs Schloss in Stockholm hat man von der Terrasse des Grand Hotels. Claes-Johan Larsson, Adelsexperte, träumt dort jetzt bei einem Weißwein vom großen Märchen, das bald wahr wird. Am Samstag heiratet Prinz Carl Philip von Schweden, 36, Sofia Hellqvist, 30, die junge Frau aus dem Volk. Ach was, mehr noch: die junge Frau, die früher Bikinimodel war.

"Ich freue mich so für den Prinzen", sagt Experte Larsson. Wenn das frisch vermählte Paar in einer Kutsche von Tausenden beklatscht durch die Straßen ziehen wird, wird sie die "Königliche Hoheit Prinzessin Sofia, Herzogin von Värmland" sein.

Als sie Carl Philip vor einigen Jahren kennenlernte, hatte sie einen anderen Titel. Sie war "Miss Slitz", nach dem gleichnamigen Männermagazin, für das sie vor Dschungelkulisse posiert hat. Auf den Bildern trug sie nichts außer einem knappen Höschen, Sonnenöl und einer gewaltigen Boa Constrictor.

In der Geschichte der europäischen Königshäuser sind solche Pretty-Woman-Geschichten natürlich nicht neu. Neu aber ist das Happy End. Bei nicht standesgemäßen Beziehungen bemühten sich die Paläste bislang stets, diese Beziehungen unverbindlich, vorübergehend und so unauffällig wie möglich zu halten. Zur Not hat man alte Bilder in Giftschränke verbannt und Berichterstatter verklagt. Und dann, wenn es ernst wurde, die Beziehung beendet. Felipe und Eva Sannum zum Beispiel: Vier Jahre lang waren der spanische Prinz und das norwegische Unterwäschemodel ein Paar. Bevor er auf dem Thron landete, beendete er die Liaison - nicht ganz freiwillig, heißt es. Weder die konservative Regierung in Madrid, noch Königin Sofía hätten Sannum gern an seiner Seite gesehen.

Die Liebe adelt längst bürgerliche Normalos

Auch der britische Palast wurde während Prinz Andrews fünfmonatiger Beziehung mit dem kroatischen Dessousmodel Monika Jakisic nicht müde zu verlautbaren, dass der Duke of York nicht verlobt sei. Bis sich Andrew laut britischer Yellow Press einer anderen Frau zuwandte.

Die Dschungelfotos von Sofia Hellqvist dagegen kann jeder im Internet sehen. Ja: Sie selbst hat auf ihrer Facebook-Seite Bikini-Bilder neben Fotos von hochgeschlossenen öffentlichen Auftritten an Carl Philips Seite. "Ich tue mich schwer zu sagen, dass ich etwas von dem, was ich getan habe, bereue", sagte sie neulich dem People-Magazin. "Es gibt sicher viele, die sagen, dass ich Fehler in meinem Leben gemacht habe. Ich selbst möchte es 'Erfahrungen' nennen." Sie hat das schon oft gesagt, sie wurde ja schon oft auf die Bilder angesprochen. Mit der Hochzeit am Samstag also wird erstmals auch ganz offiziell die öffentlich gezeigte nackte Haut mitgeadelt.

Dabei hieß es auch in Schweden anfangs, die Familie sei nicht begeistert von Carl Philips Wahl. Der verliebte Prinz aber verteidigte die Ehre seiner Zukünftigen öffentlich. Er trat dafür auch im Fernsehen auf, das tut er sonst selten; in der Sendung betonte er, die Familie habe Sofia mit offenen Armen empfangen. Die Presse, die seine Sofia mit Vorliebe vom Bikini- zum Nacktmodel macht, habe seine Verlobte schikaniert, sagte er. Für ihn sei sie der feinste Mensch auf Erden.

Und die Schweden? Sind begeistert. Auch weil Carl Philip, Spitzname "Lippi", endlich nahbarer wurde. Durch Sofia sei der Prinz richtig aufgeblüht, sagen Beobachter wie Roger Lundgren, Hofexperte und Biograf der schwedischen Königin. Der Prinz sei ein "sehr schüchterner Mann gewesen", bevor er sie traf. Beim Mittagessen soll das gewesen sein, 2009: Sie kam zufällig mit Freunden vorbei, und ihre Begleitung kannte seine. 2011 zogen sie zusammen, 2014 verlobten sie sich.

Intelligent, schön und "irgendwie sehr spirituell"

Die junge Frau sei eine gute Ergänzung für die royale Familie, mache sie "menschlicher". Lundgren hat die zukünftige Prinzessin mehrmals getroffen, er beschreibt sie als engagiert, intelligent, schön und "irgendwie sehr spirituell". Sie ist Vegetarierin und frühere Yogalehrerin. Lundgren sagt: "Sie ist großherzig und hat für jeden, den sie trifft, ein gutes Wort."

Das nette Mädchen von nebenan, das ist das Bild, das man in Schweden nun von Sofia Hellqvist malt. Sie kommt aus Älvdalen, einem schwedischen Provinzort, wo der Dialekt noch sehr die Sprache der Wikinger spiegelt. Mit 20 Jahren dann der Ausbruch: Sie nahm an der TV-Show "Paradise Hotel" teil, einer Art "Big Brother" im Luxushotel, mit Zickenkrieg und sexy Pool-Szenen. Nicht verwerflich für eine künftige Prinzessin, sagt Experte Cleas-Johan Larsson auf der Terrasse, sondern gewöhnlich. Der Mensch wolle nun mal gesehen werden.

Und dass eine Prinzessin auch für den Pöbel im Bikini sichtbar wird, ist im Grunde sogar konsequent. Denn die einstigen Royals von Gottes Gnaden sind heute längst von der Gunst des Volkes abhängig. Und das Volk will vor allem: Entertainment. Früher waren die in den Adelsstand eingeheirateten Bürgerlichen pikant genug: Mette-Marit, Máxima, Camilla, Grace Kelly, oder auch der ehemalige Fitnesstrainer Daniel Westling. Heute ist er Daniel von Schweden, Ehemann von Kronprinzessin Victoria, die Schweden lieben das Paar.

Jetzt darf es aber auch ein bisschen mehr sein. Und gerne sexy, bitte schön. Weniger Aschenputtel, mehr Pretty Woman.

Züchtigst gekleidet zum Sexsymbol

Das hat sich etwa bei der Hochzeit von Prinz William und Kate gezeigt, als Presseleute und Publikum die züchtigst gekleidete Schwester der britischen Braut zum Sexsymbol erkoren. Bis heute wird Pippa Middleton in Interviews zu ihrem Hintern befragt, die auf Facebook gegründete "Pippa Middleton Ass Appreciation Society" hat mehr als 200 000 Mitglieder.

Sofia lebt züchtig und skandalfrei, seit sie mit Carl Philip, Nummer drei der schwedischen Thronfolge, zusammen ist. Man muss sagen: Sie hat alles richtig gemacht, hat sich ruhig verhalten, gelernt, wie man mit der Presse umgeht, außerdem wie man sitzt, geht und spricht als Royal. Auch Königin Silvia beschrieb ihre Schwiegertochter in spe kürzlich als "sehr süße Person", sie sei beliebt und kompetent.

Silvia selbst landete vor Jahrzehnten als bürgerliche Deutsche direkt auf dem Thron. Ihre Popularität setzt sie seither für missbrauchte Kinder ein. Vielleicht ist das der gemeinsame Nenner mit der zukünftigen Prinzessin. Sofia gründete 2010 gemeinsam mit einer Freundin das "Project Playground", eine Hilfsorganisation für Kinder in Afrika. Das allerdings war keine Maßnahme, um das Boa-Image auf Prinzessinnenglanz zu polieren. Es war lange vor dem Traum vom neuen Titel.

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