Schweden:Ferdinand, der Rüpel-Elch

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Ferdinand, der Problem-Elch, hat sich eine Woche gut benommen. Deshalb darf er vorerst weiterleben. (Foto: Tommy Pedersen/AP)

Der weiße Bulle rannte eine Spaziergängerin um und sollte erschossen werden. Doch sein Schicksal hat eine erfreuliche Wendung genommen.

Von Silke Bigalke, Stockholm

Ferdinand ist vorerst gerettet. Die Jagd auf den Elchbullen ist abgeblasen, wegen guter Führung, sozusagen. Das Tier hat sich in den letzten Tagen anständig benommen, die Polizei in Westschweden betrachtet ihn nicht mehr als Gefahr. Für Ferdinand heißt es nun wohl, bloß nicht wieder aufzufallen. Gar nicht einfach für ein Tier, das nationale Aufmerksamkeit genießt. Denn Ferdinand ist weiß, vom Geweih bis zu den Hufen.

Seine Farbe macht ihn zum leichten Ziel, solange kein Schnee liegt. Gleichzeitig ist sie eine Art Lebensversicherung: Viele Jäger sehen davon ab, die weißen Elche zu schießen. Etwa 50 bis 100 dieser Tiere lebten in Schweden, die meisten im westschwedischen Värmland, schätzt Gunnar Glöersen vom Jagdverband im Radiointerview - Ferdinand ist seit Tagen ein Lieblingsthema der Medien. Bei 200 000 bis 300 000 Elchen im Land sind die weißen - die meist keine Albinos sind, sondern ihre Farbe einer Genmutation verdanken - äußerst selten.

Die ersten Bilder von Ferdinand tauchten im Sommer auf. Ein Gemeinderat der kleinen Kommune Eda war schon lange auf der Suche nach ihm gewesen, im August fing er ihn endlich mit der Kamera ein: Auf dem Video schwimmt Ferdinand gemächlich durch einen Fluss, im Internet wurde es zum Hit.

Elche sehen harmlos aus - sind sie aber nicht

Seither wurde der Elch öfter gesichtet. Eine Anwohnerin etwa berichtete, dass Ferdinand regelmäßig Äpfel aus ihrem Garten fresse, und hatte prompt ebenso regelmäßig Schaulustige und Hobbyfotografen auf ihrem Grundstück. An denen stören sich die Anwohner offenbar mehr als an dem Elch. Ihn haben sie liebevoll nach dem Zeichentrick-Stier von Disney benannt: Stier Ferdinand gehört in Schweden seit Jahrzehnten fest zum Weihnachtsprogramm, genauso wie anderswo "Dinner for one" zu Silvester.

Mit dem Elch Ferdinand kam es vergangene Woche zum Zusammenstoß: Er bedrängte eine Frau, die mit ihren Hunden spazieren ging. Sie fiel, wurde aber nicht schwer verletzt. Elche wiegen bis zu 600 Kilo, sind trotz ihres harmlosen Aussehen wilde Tiere und fallen in Schweden immer wieder mal durch Dummheiten auf. Einmal ist einer durchs Fenster in ein Klassenzimmer gesprungen. Die Schüler mussten fliehen, der verwirrte Elch getötet werden. Ein anderes Mal, es war Januar, fiel einer in einen halb gefrorenen Swimmingpool. Immer wieder bleiben Elche an Schaukeln und in Bäumen hängen. Kein Wunder, dass es die wissenschaftlich nicht belegte Theorie vom betrunkenen Elch gibt, der zu viel Fallobst gefressen hat.

Die Polizei erklärte Ferdinand zur Gefahr und gab ihn zum Abschuss frei. Es ist ohnehin Jagdsaison. Viele Anwohner protestierten, die Tierschutzvereinigung Djurens Rätt sammelte in wenigen Tagen mehr als 51 000 Stimmen, um Ferdinand zu retten. Vielleicht hat die Polizei auch deswegen einen Rückzieher gemacht: "Seit dem 6. November gab es keine Berichte, dass sich der Elch aggressiv verhalten hat, deswegen gilt die Entscheidung zur Schutzjagd nicht mehr", meldete sie nun auf ihrer Internetseite.

© SZ vom 16.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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