Schwebebahn in Wuppertal:Über die Wupper

Wuppertaler Schwebebahn

Nach vierzig Jahren im Einsatz werden die Wägen jetzt ausgetauscht.

(Foto: Franz-Peter Tschauner/dpa)

Der Kaiser persönlich eröffnete 1901 die Schwebebahn, nun erneuern die Wuppertaler Stadtwerke ihre weltberühmten Züge. Die alten Wagen kann man zum Schrottwert erwerben - Porto allerdings nicht inklusive.

Von Bernd Dörries, Düsseldorf

Die einen wollen ein Café darin aufmachen, die anderen einen Fahrsimulator installieren. Mehr als dreißig Interessenten haben sich schon bei den Wuppertaler Stadtwerken gemeldet und sind bereit, mindestens 5000 Euro für einen Zug der Wuppertaler Schwebebahn zu zahlen. Das ist der Schrottwert des 24 Meter langen Gefährts, das etwa 22 Tonnen schwer ist. Dazu kommen noch die Portokosten, denn der Zug muss dreigeteilt und mit einem Tieflader transportiert werden.

Vierzig Jahre lang sind diese Züge durch Wuppertal gefahren, sie sind Teil eines deutschen Mythos, der seit 1901 Wuppertal ziert. Und nur Wuppertal. Viel ist passiert in all den Jahren, zum Beispiel als ein Zirkus 1950 den Elefanten Tuffi in die Bahn lud, der in Panik in die Wupper sprang. Kaiser Wilhelm II. persönlich hatte die Bahn ursprünglich eröffnet; der mittlerweile prunkvoll restaurierte Kaiserwagen, mit dem er eine Probefahrt machte, ist als einziger unverkäuflich. Er kann für besondere Anlässe gemietet werden. Ansonsten wird das Lager geräumt. Die Schwebebahn erneuert von Herbst an ihre Flotte und hat dafür moderne Waggons eingekauft. 21 Züge müssen raus, drei wollen die Stadtwerke im Rahmen eines Wettbewerbs verschenken. Schön wäre, wenn die neuen Besitzer die Züge auch aufhängen könnten. Ansonsten müssen die Räder abmontiert werden, die sonst aufs Dach drücken.

Der Austausch der Züge ist der Schlusspunkt des seit zwanzig Jahren andauernden Ausbaus und der Erneuerung der Schwebebahn, die eine halbe Milliarde Euro kostet. Der damalige Ministerpräsident Johannes Rau gab 1995 den Startschuss, in den folgenden Jahren wechselten sich seine Nachfolger beim Eröffnen neuer Stationen ab. Standpfeiler wurden ausgetauscht, die Leitungen erneuert. Einmal vergaß ein Arbeiter eine Kralle, die Bahn verunglückte, fünf Menschen starben. Ansonsten ist die Schwebebahn ein sicheres Verkehrsmittel, und in Wuppertal ohne Alternative: Etwa 80 000 Menschen nehmen die Bahn an Werktagen, 13,3 Kilometer schlängelt sie sich durch die Gegend - und eine gemeinsame Identität in einer Stadt, die nicht ganz freiwillig zusammengekommen ist. Wuppertal ist ein Kunstname, der entstand, als 1928 Elberfeld und Barmen fusionierten. Anders als das Sprichwort sagt, schwebt man über die Wupper.

Daran haben sie in der Stadt Gefallen gefunden und überlegen, neben der Schwebebahn nun auch noch eine Gondel auf den Berg zu bauen. Eine Studie haben die Stadtwerke schon vorgelegt, 2,8 Kilometer lang soll eine urbane Seilbahn den Berg hochfahren und bis zum Uni-Campus führen. Etwa 20 000 Studenten studieren dort - und müssen mit dem Bus den Berg hinauffahren, was vor allem im Winter nicht immer reibungslos klappt.

In den hoch gelegenen Großstädten Lateinamerikas sind Seilbahnen schon heute oft die beste und günstigste Lösung. In Deutschland gibt es in Koblenz eine Seilbahn über den Rhein, die zur Bundesgartenschau eingeweiht wurde. In Wuppertal wären die Gondeln ein Teil des öffentlichen Nahverkehrs. Etwa 50 Millionen Euro soll das Projekt kosten. Und wie immer bei größeren Vorhaben haben sich Gegner und Befürworter bereits mit Gutachten munitioniert. Nur neun Minuten Fahrt, sagen die einen, doch die Anwohner fürchten, dass man aus den Kabinen auf ihre Terrassen schauen kann, und kritisieren, dass die Bahn über ihre Köpfe schwebt, ohne dass sie zusteigen können. In Hamburg haben die Bürger eine angedachte Seilbahn von St. Pauli über die Elbe bereits wieder zurück in die Berge geschickt.

Im sehr hügeligen Wuppertal wäre sie eher in ihrem Element. Der Stadtrat will bald entscheiden, ob das Projekt weiter verfolgt wird. Wuppertal könnte dann mal wieder Vorreiter sein bei einem unkonventionellen Verkehrsprojekt.

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