Ryan Gosling:Sehr, sehr lässig

Ryan Gosling

Fragen, die er blöd findet, beantwortet Ryan Gosling mit "Hm", "Ja" und "Nein".

(Foto: dpa)

Ryan Gosling gilt als Hollywoods cooler Hund. Doch seit die Kritiker seine erste Regiearbeit, "Lost River", verrissen haben, ist er auf Journalisten nicht gut zu sprechen. Ideale Zeit für ein Treffen.

Von Marc Felix Serrao

Die Aura ist noch da. Wenn man als Mann mit einem gewöhnlichen Angestelltenleben in einer Hotelsuite in Beverly Hills sitzt, die Tür aufgeht, und Ryan Gosling eintritt, muss man das einfach umstands- und neidlos anerkennen. Es ist gar nicht das oft besungene Aussehen. Der 34-Jährige gilt als Frauenschwarm, aber ein klassischer Beau ist er nicht. Auch nicht besonders groß oder breit. Oder stilsicher. Gosling trägt beim Interview einen schlabbrigen Wollpulli, drüber ein Goldkettchen, dazu ungekämmte Haare.

Der Eindruck, den er trotzdem macht, und das schon in den ersten Sekunden, ist einer, den man gerade als Deutscher selten erlebt: sehr, sehr lässig. Da ist nichts von dem, was so viele Männer für männlich halten. Kein künstlich fester Händedruck. Kein breitbeiniges Aufgeplustere. Kein Gelächter über die eigenen Pointen. Gosling ist distanziert, aber auf eine freundliche Weise. Fragen, die er blöd findet, etwa nach seiner Freundin Eva Mendes oder der gemeinsamen Tochter, bringen ihn nicht aus der Fassung. Er beantwortet sie mit "Hm", "Ja" und "Nein". Bis man aufgibt. Dann lächelt er. Gosling wird in den 45 Minuten, die man ihm gegenübersitzt, nur einmal ungemütlich. Da geht es um seinen aktuellen Film "Lost River". Genauer: um die Filmkritiker.

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Seine erste Regiearbeit: Die Chance für Kritiker, ihm eine mitzugeben

Albern. Überambitioniert. Kindisch. Das war der Tenor der Rezensenten, als Gosling den Film, der am Donnerstag in Deutschland anläuft, in Cannes vorgestellt hat. Es soll sogar Buhrufe im Kinosaal gegeben haben. "Das wurde alles übertrieben", schimpft Gosling im Gespräch. Sein Film - die Geschichte einer alleinerziehenden Mutter, die in einer verlassenen Stadt um ihr Zuhause und um ihre Kinder kämpft - sei wunderschön. Die Schauspieler: "toll". Die Kamera: "toll". Und erst die Musik!

Die Kritiker hätten all das aber ignoriert und sich stattdessen an der Tatsache abgearbeitet, dass er Regie geführt habe. Endlich. Die Chance, dem ach so tollen Gosling eine mitzugeben. Diesem Typen, der sich mit harten, kleinen Indie-Filmen wie "Drive" einen Ruf erspielt hat, wie man es in Hollywood höchstens einmal im Jahrzehnt erlebt. Seit Steve McQueen hatte keiner so lässig hinterm Steuer ausgesehen, wie Gosling als der namenlose Stuntman mit dem Skorpion auf der Bomberjacke und dem Zahnstocher im Mundwinkel.

Und jetzt das. Eine Niederlage. Herrlich.

"Es hat sich angefühlt, als sei es für viele Typen eine persönliche Angelegenheit", sagt Gosling. Er bleibt ruhig, als er darüber spricht. Er wirkt immer noch lässig. Aber man merkt, dass die Eisschicht, die den Kanadier angeblich vom Rest der Welt trennt, dünner ist als angenommen. Er sagt "Typen", wenn er über seine Kritiker spricht. Aber er hat sich die Namen gemerkt.

Am Ende des Treffens gibt es dann wieder einen Moment, der den Gast aus Deutschland daran erinnert, dass Gosling trotz seines gekränkten Stolzes doch kein gewöhnlicher Mann ist. Der Schauspieler gibt zum Abschied die Hand, trocken und nicht übertrieben fest, und geht zur Tür. Draußen wartet der nächste Gesprächspartner, eine Kollegin aus Australien. "Hi, ich bin Ryan", hört man ihn sagen. Die Antwort ist ein eigenartiges Geräusch. Die Stimme der Journalistin rutscht mindestens eine Oktave nach oben. "Ach", hört man sie quieken, "das weiß ich doch".

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