Rückblick 2007:Juni

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Terror und Sicherheitswahn: Der Ostsee-Ort Heiligendamm wird zur Festung während des G8-Gipfels, sogar Tornado-Flugzeuge der Bundeswehr werden eingesetzt. Im Gazastreifen herrscht Bürgerkrieg, in London und Glasgow Terroralarm.

5.6. Die baskische Terrororganisation erklärt die Waffenruhe, die sie im März 2006 ausgerufen hatte, für beendet. Die Separatisten kündigen an, ihren Kampf "an allen Fronten" ab sofort wieder aufzunehmen. Für das Scheitern der Friedensbemühungen sei die spanische Regierung verantwortlich.

Protestaktion gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm (Foto: Foto: Reuters)

6.-8.6. Auf dem G-8-Gipfel in Heiligendamm vereinbaren die Staats- und Regierungschefs der sieben wichtigsten Industrienationen und Russland eine globale Klimaschutzstrategie. Demnach sollen bis 2050 die Kohlendioxid-Emissionen halbiert werden. Umweltorganisationen kritisieren den Kompromiss als zu vage. Außerdem wird ein Hilfsprogramm für Afrika beschlossen, es sollen 60 Milliarden Dollar für die Bekämpfung von Aids, Malaria und Tuberkulose bereitgestellt werden. Mehr als 10 000 Polizisten riegeln den Veranstaltungsort gegen zahlreiche Protestveranstaltungen ab. Die Bundesregierung setzt auch Tornado-Aufklärungsflüge der Bundeswehr ein. Die Flugzeuge überfliegen die Camps der Demonstranten und machen Fotos. Die Aktion ruft scharfen Protest von Oppositionspolitikern hervor, sie sprechen von einem unzulässigen Einsatz der Bundeswehr im Inland.

10.6. Bei der Parlamentswahl in Belgien verliert die linksliberale Regierungskoalition die Mehrheit. In beiden Parlamentskammern werden die flämischen Christdemokraten. Ministerpräsident Guy Verhofstadt tritt am 11.6. zurück, führt die Amtsgeschäfte aber zunächst weiter.

11.6. Bei einem Festakt im Schloss Bellevue wird die Zwangsarbeiterentschädigung formell für beendet erklärt. Die Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" hatte seit dem Jahr 2002 insgesamt 4,37 Milliarden Euro an etwa 1,66 Millionen NS-Opfer ausgezahlt.

13.6. Die Knesset wählt den stellvertretenden Regierungschef und Friedensnobelpreisträger Schimon Peres zum neuen Staatspräsidenten Israels. Er soll den Amtsinhaber Mosche Katzav ablösen, der sein Amt seit Ende Januar wegen massiver Vorwürfe der Vergewaltigung und sexueller Nötigung ruhen lässt. Wenig später gibt Katzav die Übergriffe zu und tritt am 29.6. zurück, im Gegenzug entgeht er einer Anklage. Peres übernimmt den Posten am 15.7.

14.6. Im Gazastreifen herrscht Bürgerkrieg. Palästinenserpräsident Machmud Abbas löst die Einheitsregierung von Fatah und Hamas auf und ruft den Notstand aus. Bewaffnete Kräfte der radikal-islamischen Hamas erobern den gesamten Gazastreifen, bei den Kämpfen der beiden Gruppen sterben innerhalb weniger Tage bis zu 100 Menschen. Abbas setzt eine Notstandsregierung ein, die jedoch nur im Westjordanland Akzeptanz findet.

16.6. Die Linkspartei und die WASG schließen sich in Berlin zu einer neuen Partei mit Namen "Die Linke" zusammen. Als Vorsitzende der neuen gesamtdeutschen sozialistischen Vereinigung werden Oskar Lafontaine und Lothar Bisky gewählt.

21.-23.6. Nach einem erbitterten Streit über die künftige Stimmengewichtung in der EU einigt sich der Gipfel der europäischen Staats- und Regierungschefs am 23.6. grundsätzlich auf einen neuen EU-Vertrag. Vor allem Polen und Großbritannien hatten massiv auf Zugeständnisse gedrungen, die Regierung in Warschau hatte mehrmals mit einem Veto gedroht. Der Gipfel beschließt eine Grundrechte-Charta, neue Abstimmungsregeln und die Einführung eines "Hohen Vertreters" für eine gemeinsame EU-Außenpolitik. Der EU-Vertrag soll 2009 in Kraft treten.

24.6. Ein Sondertribunal in Bagdad verurteilt den Cousin von Saddam Hussein, Ali Hasan al-Madschid, wegen Völkermords an den Kurden zum Tode. Ende der achtziger Jahre hatte der Regime-Funktionär, genannt "Chemie-Ali", den Giftgaseinsatz im Nordirak verantwortet. Dabei waren mehrere zehntausend Kurden ums Leben gekommen.

28.6. Nach einem in einer Trafostation werden die Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel in Schleswig-Holstein abgeschaltet. Erst nach und nach wird bekannt, dass es weitaus größere Pannen gegeben hatte als zunächst vom Betreiber Vattenfall mitgeteilt. Die Informationspolitik des Stromkonzerns gerät massiv in die Kritik. In den folgenden Tagen werden noch einige weitere Pannen gemeldet. Eine Gefahr für den Nuklearbereich soll nicht bestanden haben.

29./30.6. Die Londoner Polizei entschärft in der Innenstadt zwei Autobomben, acht Verdächtige werden festgenommen. Zuvor hatten Islamisten offenkundig mehrere Anschläge angekündigt. Am 30.6. explodiert vor dem Flughafen von Glasgow ein Geländewagen, den beiden Fahrern gelingt es jedoch nicht, ihn in das Terminal zu lenken, fünf Menschen werden verletzt. Zeitweise gilt im ganzen Land die höchste Terrorwarnstufe.

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