Roman Polanski in Haft:Monatelanges Verfahren möglich

Roman Polanski hat mittlerweile Beschwerde gegen die Auslieferungshaft eingelegt. Seine Anwälte werfen der US-Justiz 30 Jahre Untätigkeit in dem Fall vor.

Aussage gegen Aussage: Die Staatsanwaltschaft in Los Angeles wehrt sich gegen Kritik, das Missbrauchsverfahren gegen Roman Polanski nicht korrekt geführt zu haben. Es sei unzutreffend, dass sie sich nicht um die Verhaftung des Filmemachers bemüht habe, seit dieser 1978 geflüchtet sei, erklärte die Justizbehörde. Polanskis Anwälte sagen, die US-Justiz habe sich 30 Jahre lang nicht um die Auslieferung des Regisseurs bemüht.

Polanski sitzt seit Samstag auf Ersuchen der USA wegen des Missbrauchs einer 13-Jährigen im Jahre 1977 in der Schweiz in Auslieferungshaft. Er war bei der Ankunft im Flughafen Zürich-Kloten verhaftet worden.

Die Staatsanwaltschaft veröffentlichte eine Liste der mehrfachen Versuche, die Verhaftung Polanskis im Ausland zu erreichen. Zuletzt sei dies im Jahre 2007 mit einem an Israel übermittelten Haftbefehl geschehen. Zuvor habe man sich unter anderem in England, Thailand und Frankreich um die Festnahme des Regisseurs bemüht.

Polanskis Anwälte werfen Gericht lange Untätigkeit vor

Polanskis Anwälte hatten in einer im Juli dieses Jahres eingereichten Eingabe an ein Gericht in Kalifornien erklärt, die Staatsanwaltschaft von Los Angeles habe sich in den vergangenen 30 Jahren nicht um die Auslieferung Polanskis bemüht. Hätten sie dies getan, wäre das Fehlverhalten der Staatsanwaltschaft in dem Fall zum Vorschein gekommen, erklärten sie. Die Anwälte werfen dem damals zuständigen Richter vor, er habe sich nach dem Schuldbekenntnis Polanskis, 1977 eine 13-Jährige sexuell missbraucht zu haben, nicht an eine mit dem Beschuldigten ausgehandelte Vereinbarung über die Strafe gehalten.

Polanskis US-Agent Jeff Berg sagte, die Verhaftung in der Schweiz sei sehr ungewöhnlich, nachdem der Regisseur den Sommer in seinem Haus in Gstaad verbracht habe. Zuvor habe er in aller Öffentlichkeit über sechs Monate hinweg in Deutschland den Film "The Ghost" gedreht.

Das US-Außenministerium in Washington wollte sich nicht zu der Sache äußern. Die Rolle des Ministeriums beschränke sich darauf, das von Kalifornien vorbereitete formelle Auslieferungsgesuch darauf zu prüfen, ob es die Bedingungen des bilateralen Auslieferungsvertrags mit der Schweiz erfülle, sagte ein Sprecher.

"Auslieferungsverfahren dürfte mehrere Monate dauern"

Die Außenminister Frankreichs und Polens hatten ihre US-Kollegin Hillary Clinton schriftlich ersucht, sich für eine Begnadigung Polanskis einzusetzen. Polanski hat mittlerweile Beschwerde gegen seine Auslieferungshaft eingelegt.

Den Preis, den Polanski am Sonntagabend auf dem Filmfest in Zürich hätte entgegennehmen sollen, wird der Regisseur erhalten, nachdem er aus der Haft entlassen worden ist. Ebenso den "Filmpreis Köln", den der 76-Jährige eigentlich an diesem Samstag in Köln empfangen sollte. Nun habe die Kölner Festivalleitung von den Schweizer Justizbehörden die offizielle Auskunft erhalten, dass eine Teilnahme des Regisseurs an der Cologne Conference "leider ausgeschlossen" sei.

"Selbst bei einer Haftentlassung gegen andere Sicherungsmaßnahmen" dürfe Polanski die Schweiz nicht verlassen, heiße es in einer E-Mail des Berner Bundesamts für Justiz. Das Auslieferungsverfahren "dürfte mehrere Monate dauern, sofern sich Herr Polanski nicht mit einer vereinfachten Auslieferung an die USA" einverstanden erklärte.

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