Rockerprozess in Duisburg:Schweigen zum Auftakt

Keine Zwischenfälle, keine Provokationen. Der Duisburger Rockerprozess eröffnete ruhig - auch weil schwerbewaffnete Polizisten Bandidos und Hells Angels strikt trennten.

Die Maschinenpistolen im Anschlag, die Schlagstöcke griffbereit: Als am Duisburger Landgericht am Donnerstag der Prozess um einen heimtückischen Mord im Rockermilieu begann, demonstrierte die Polizei schon am frühen Morgen Stärke und Entschlossenheit. Einsatzhundertschaften der Polizei patrouillierten auf den Straßen, die angereisten Mitglieder der Bandidos und Hells Angels standen unter Dauerbewachung.

Zwischenfälle gab es nicht - nicht einmal Provokationen.

Angeklagt ist ein Mitglied des Motorradclubs Hells Angels. Der 31-Jährige soll am 8. Oktober 2009 ein 32 Jahre altes Mitglied der verfeindeten "Bandidos" erschossen haben. Es war 8.51 Uhr, als die graue Mercedes-Limousine mit hohem Tempo vor dem Duisburger Landgericht auftauchte. Am Steuer: ein Elitepolizist, mit Sturmhaube vermummt. Auf den Rücksitz: der Angeklagte. Als er später in den Gerichtssaal geführt wurde, grüßte er in das Publikum, lächelte - und schwieg. Genau wie alle anderen.

Zu den Vorwürfen wollte an diesem ersten Verhandlungstag niemand etwas sagen. Der Angeklagte nicht, die Verteidiger nicht, die Delegationen der verfeindeten Motorradclubs nicht. Die Anwälte ließen nicht einmal die Verlesung der Anklageschrift zu. Sie rügten die Zusammensetzung des Gerichts und erzwangen nach zweieinhalb Stunden eine Vertagung.

Warum der Angeklagte geschossen hat, ist nicht ganz klar. Er soll mit einem weißen Mercedes direkt vor das Bandidos-Clubhaus Fat Mexican im Duisburger Stadtteil Hochfeld gefahren sein und mehrfach abgedrückt haben. Die Kugeln trafen sein Opfer, flogen außerdem knapp an den Köpfen zweier unbeteiligter Frauen vorbei. Die Anklage lautet deshalb nicht nur auf Mord, sondern auch auf zweifachen versuchten Totschlag. Beide Frauen waren am Donnerstag vor Gericht erschienen. Nach Angaben ihrer Anwälte hat sie die Tat schwer mitgenommen. "Es ist Wahnsinn, dass da nicht noch mehr Leute getroffen wurden", sagte Reinhard Peters, Anwalt der 22-Jährigen am Rande des Prozesses.

Am Tatabend hatten sich zahlreiche Menschen vor dem Fat Mexican aufgehalten. Es war ein warmer Herbsttag, die Stimmung war gut. Bis plötzlich die Schüsse fielen - vier oder fünf, vielleicht auch mehr. "Es kann sein, dass nicht alle Hülsen gefunden wurden", sagte Peters auf dem Gerichtsflur. Der Angeklagte habe einfach durch die Menge hindurch geschossen. Um Macht und Vorherrschaft ging es diesmal aber wohl nicht. Angeblich war das Motiv einfach nur Eifersucht. Wie es heißt, hatte die Freundin des Angeklagten den Mann und damit auch die Seiten gewechselt - von den Hells Angels zu den Bandidos. Zu der Beerdigung des Opfers waren noch 300 Bandidos aus mehreren Ländern gekommen.

Auch zum Prozessauftakt war ursprünglich mit zahlreichen Rockern gerechnet worden. Doch dann hatte es Gespräche zwischen Polizei und Präsidenten gegeben. Das Ergebnis: Beide Motorradclubs schickten lediglich Delegationen von jeweils zehn Mitgliedern. Wie sie ausgewählt wurden ist nicht ganz klar. Kenner der Szene erklärten am Rande des Verfahrens, dass es sich um "erfahrene" Leute handeln soll. Zumindest. Zu den Hells Angels, die im Gerichtssaal Platz nahm, gehörte auch ein Mann, dem nachgesagt wird, dass er zu den führenden Köpfen in Deutschland und Europa gehört.

Der Prozess geht am 31. März weiter. Mit einem Urteil wird frühestens Mitte Mai gerechnet.

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