Rheinland-Pfalz:Häftling soll seine Ehefrau im Besucherraum vergewaltigt haben

Justizvollzugsanstalt Diez

Der Haupteingang zur Justizvollzugsanstalt Diez (Rheinland-Pfalz).

(Foto: dpa)
  • Im Beisein mehrerer anderer Häftlinge und Besucher soll ein verurteilter Mörder seine Ehefrau im Gefängnis in Diez vergewaltigt haben.
  • Wie das in dem Besucherraum passieren konnte, ist der Staatsanwaltschaft ein Rätsel.
  • Der Häftling soll sein Opfer außerdem mit einer Tonscherbe verletzt haben.

Von Susanne Höll, Frankfurt

Winfried Conrad ist seit mehr als vier Jahrzehnten Strafvollzugsbeamter, er hat viel erlebt in der schwierigen Welt der Gefängnisse. Als ihn die Nachricht über die Vergewaltigung einer Frau in einem Besucherraum der Haftanstalt Diez erreichte, war er zutiefst erschüttert. "So etwas habe ich in dieser Brutalität in meiner Berufszeit aus Rheinland-Pfalz noch nie gehört", sagt der Chef des rheinland-pfälzischen Bundes der Strafvollzugsbediensteten. Der Fall ist ebenso spektakulär wie rätselhaft - und könnte am Ende auch Folgen für die Landespolitik haben.

Bislang sind nur wenige Fakten bekannt. Die Ehefrau eines verurteilten Mörders besuchte am vergangenen Donnerstag zusammen mit ihren zwei Kindern ihren Mann, der zu einer lebenslangen Haftstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt ist. Sie waren nicht allein im Raum, weitere Häftlinge mitsamt ihrer Besucher hielten sich dort auf. Der 35 Jahre alte Ehemann, so beschreibt es die Staatsanwaltschaft Koblenz, solle zum Ende der Visite hin aggressiv geworden sein und seine Frau zum Geschlechtsverkehr gezwungen und mit einer Tonscherbe verletzt haben. Ein Mithäftling habe noch versucht, die Frau zu schützen, dann überwältigten Vollzugsbeamte den Mann. Wie lange der Gewaltakt dauerte, wer wann etwas bemerkte und einschritt, ist ungeklärt. Gegen den Mann wird nun ermittelt, wegen Vergewaltigung und Körperverletzung. Wie konnte das geschehen, in einer Haftanstalt, sozusagen unter den Augen des Gesetzes?

Das fragt sich jetzt nicht nur der Gewerkschafter Conrad. Denn im Besucherraum einer Haftanstalt ist in der Regel ein Beamter zur Aufsicht abgestellt. "So wird es gehandhabt. Ich gehe auch davon aus, dass es vergangene Woche in Diez auch so geschah", sagt Conrad. Ob dies tatsächlich der Fall war, ob der Beamte womöglich abgelenkt war, sich zum Tatzeitpunkt ein Glas Wasser holte, ist bislang unbekannt. Die Koblenzer Staatsanwaltschaft äußert sich nicht zu Details, auch mit der Begründung, man müsse den Schutz und die Ordnung innerhalb der Vollzugsanstalt gewährleisten. Wieso der gewalttätige Insasse zum Treffen mit der Familie eine Scherbe mitbringen konnte, ist ebenfalls offen. Denn eigentlich müssen, so sagt Conrad, Gefangene vor und nach Treffen mit Besuchern durchsucht werden. Die Frage, ob auch gegen Bedienstete in Diez ermittelt werde, ist ebenfalls noch unbeantwortet.

Selbst der Gewerkschafter Conrad möchte den Personalmangel in den Justizvollzugsanstalten zu diesem Zeitpunkt nicht für den Gewaltakt verantwortlich machen. Aber er weist darauf hin, dass in Diez etliche Stellen unbesetzt seien, die Arbeitsbedingungen für Vollzugsbedienstete immer schwieriger würden und die Landesregierung aus Spargründen Stellen streiche. Tatsächlich sollten 2017/2018 im Vollzug ursprünglich 35 Posten entfallen. Justizminister Herbert Mertin (FDP) konnte nach seinem Amtsantritt 2016 erreichen, dass nur zehn Stellen wegfallen und 25 erhalten bleiben.

Auf Antrag der CDU soll sich Merten kommende Woche im Parlament zu der Gewalttat äußern. Sein Ministerium ist in Diez schon aktiv. Beamte des Hauses wollten mit der Anstaltsleitung klären, ob es Änderungen bei Besuchsregelungen geben muss.

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