Rauchen:Hübsch verpackt

Tabakhändler verbergen Schockfotos

Manche Händler verdecken die Schockfotos mit Plastikkärtchen.

(Foto: Johannes Spatz/Forum Rauchfrei/dpa)

Seit Mai sind auf den Zigarettenschachteln abschreckende Fotos aufgedruckt. Viele Händler sind geschickt darin, die Bilder zu verdecken.

Von Moritz Geier

Einer "alten hässlichen Kokette" gleiche die Beamtensprache, hat der preußische Dichter Leopold Friedrich Günther von Goeckingk einmal geschrieben, fast 250 Jahre ist das her, und er hat es sogar noch präzisiert: Einer Frau gleiche sie, "die hier eine Warze mit einem Schönpflästerchen, dort das Kupfer der Wangen mit Schminke bedeckt, wohl gar ein gläsernes Aug und einen wächsernen Zahn sich eingesetzt" habe.

Um die schöne Beamtensprache geht es gewissermaßen auch in einem Streit, der um eine noch junge EU-Richtlinie entbrannt ist, die Richtlinie 2014/40/EU. Sie gilt in Deutschland seit dem 20. Mai 2016 und regelt den Umgang mit Tabakwaren, sie bestimmt, welche Warnhinweise und Bilder auf den Packungen kleben müssen. Seitdem werben schwarz gefaulte Zähne und Zehen, Geschwüre und nikotinzersetzte Lungen für diverse Tabakprodukte. Die Bilder sollen nicht nur auf Gefahren hinweisen, sondern vor allem Neukunden abschrecken, zusammen mit schriftlichen Warnhinweisen müssen die Fotos, so verordnet es die Verordnung, mindestens zwei Drittel der Vorderseite und Rückseite der Zigarettenpackungen bedecken.

So weit, so klar. Der Verein Forum Rauchfrei aber hat nun Anzeige erstattet gegen Tabakhändler in Leipzig, Berlin und Frankfurt, die Zigarettenschachteln in ihren Auslagen und Regalen so aufstellen, dass die hässlichen Bilder nicht zu sehen sind. Der Vorwurf des Vereins: Wenn der Verkäufer eine Packung aus dem Regal nehme, um sie dem Kunden zu geben, habe der sich schon für den Kauf entschieden - die Absicht der Bilder liefe also ins Leere. Vereinsmitarbeiter Dieter Eichinger sagt, das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft habe in einer Mail an den Verein die Praxis der Händler als gesetzeswidrig bezeichnet.

Christina Wendt vom erwähnten Ministerium verweist auf Nachfrage auf Paragraf 11 der deutschen Tabakerzeugnisverordnung, die die EU-Richtlinie umsetzt. Dort steht, die gesundheitsbezogenen Warnhinweise dürften "zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens nicht teilweise oder vollständig verdeckt oder getrennt werden". Die Marktüberwachungsbehörden der Bundesländer seien aufgefordert, die Händler zu kontrollieren, damit sie sich an die Richtlinien halten.

Jan Mücke vom Deutschen Zigarettenverband, Interessensvertreter der Raucher und Zigarettenindustrie, aber protestiert: Die Tabakrichtlinie sei eine "Produktrichtlinie und keine Warenpräsentationsrichtlinie", behauptet er. Tatsächlich entzündet sich der Streit daran, wie denn nun der Ausdruck "Inverkehrbringen" zu interpretieren sei, ein Wort wie eine Warze im Goeckingk'schen Sinne. Für Mücke ist eine Schachtel "in den Verkehr gebracht, wenn der Verkäufer das Produkt dem Kunden übergibt". Für Dieter Eichinger und das Bundesministerium dagegen ist sie schon im Verkehr, sobald sie im Laden steht. "Es muss mehr Klarheit her", fordert er daher, die Verordnung müsse so formuliert sein, dass die Händler keine Spielräume mehr hätten. Ausgang offen.

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