Prozessbeginn um Sexualmord:Angeklagter schweigt "taktisch bedingt"

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Er soll sein Opfer zur eigenen sexuellen Befriedigung getötet, später die Leiche zerstückelt haben. Vor dem Landgericht Berlin hat nun der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter begonnen. Die Verteidigung spricht von "fahrlässiger Tötung".

Im Verfahren gegen einen 44-Jährigen wegen Mordes an seinem Sexpartner sind die ersten Zeugen vernommen worden. Demnach soll das 37-jährige Opfer gegenüber Bekannten von "Todesfantasien" berichtet haben, wie ein Kriminalbeamter vor dem Berliner Landgericht aussagte. Der Angeklagte selber verweigerte zu Prozessbeginn zunächst die Aussage.

Am 5. Januar dieses Jahres soll er in seiner Kreuzberger Wohnung einen Bankangestellten bei einvernehmlichen sadomasochistischen Praktiken zur eigenen sexuellen Befriedigung getötet haben. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass den Arbeitslosen die hilflose Lage des Mannes erregte und er den Tod des Sexpartners billigend in Kauf nahm. Der Anklage nach hatte er den 37-Jährigen ans Bett gefesselt und ihm mit Paketklebeband die Nase und den Mund verklebt. Das Opfer war dabei erstickt.

Die zerstückelte Leiche des 37-Jährigen wurde knapp drei Wochen später in der Wohnung des Angeklagten gefunden. Die Körperteile waren in verschiedenen Behältern aufbewahrt. In einem Topf soll der gekochte Kopf des Opfers gelegen haben.

Anwalt hält Tat für "fahrlässige Tötung"

Bei der Polizei hatte der Angeklagte den Tod des 37-Jährigen als einen Unglücksfall beschrieben. Sein Schweigen im Prozess sei "taktisch bedingt", sagte sein Anwalt. Je nach Prozesssituation müsse geklärt werden, ob er aussage. Aus Sicht des Anwalts ist die rechtliche Bewertung der Tat "fehlerhaft". Es sei kein Mord zu Befriedigung des Geschlechtstriebes, sondern eine "fahrlässige Tötung", argumentierte der Verteidiger. Dem Anwalt zufolge lebte das Opfer in zwei verschiedenen Welten. Er habe zum einem eine normale Beziehung zu einem Mann gehabt und heiraten wollen, und zum anderen einen Hang zu "durchweg ungewöhnlichen Sexpraktiken".

Nach Aussage von Polizeibeamten hatten sich der Angeklagte und sein Opfer über ein Forum im Internet kennengelernt und sich häufiger zum Sex getroffen, bevor es zur Tat kam. Zeugen hätten berichtet, dass das Opfer Todessehnsucht gehabt habe. Der Mann habe sich gern quälen lassen und die Vorstellung geäußert, beim Geschlechtsakt zu Tode kommen zu wollen, sagte ein Kriminalbeamter.

Der 37-Jährige hatte seit dem 2. Januar als vermisst gegolten. Den Ermittlungen zufolge hatte er am Neujahrstag noch 1000 Euro an einem Bankautomaten in Kreuzberg abgehoben. "Das war die letzte Spur seiner Existenz", sagte ein Kripobeamter. Am 22. Januar meldete sich dann der Angeklagte bei der Polizei als Zeuge. Damals gab er an, dass das Opfer vom 1. bis 3. Januar bei ihm gewesen sei. Sie hätten eine "Session durchgeführt", sagte ein Vernehmungsbeamte. Der Prozess soll nun am 19. Oktober fortgesetzt werden.

© dpa/dapd/mkoh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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