Prozess um vermeintliche Zwangsehe:Vater zu Bewährungsstrafe verurteilt

Prozess wegen Mordversuch

Im Prozess um eine vermeintliche Zwangsehe wurde ein 39-Jähriger zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt.

(Foto: dpa)

Einem 39-Jährigen war vorgeworfen worden, seine Tochter gegen ihren Willen in der Türkei verheiraten zu wollen. Von der Anklage blieb nach einer spektakulären Wende fast nichts mehr übrig: Keine Tötungsabsicht, keine Verschleppung. Eine Strafe verhängte das Landgericht Ellwangen trotzdem.

Im Prozess um eine vermeintliche Zwangsehe ist am Donnerstag ein 39-Jähriger Vater in Ellwangen wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer einjährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Den mitangeklagten 17-jährigen Sohn des Mannes aus Baden-Württemberg sprach das Landgericht Ellwangen frei. Beiden waren zu Beginn des Prozesses Freiheitsberaubung und ein Mordversuch zur Last gelegt worden.

Dem kurdischstämmigen 39-Jährigen war ursprünglich vorgeworfen worden, er habe seine Tochter gegen ihren Willen in der Türkei verheiraten wollen. Hintergrund war, dass er den türkischstämmigen Verlobten seiner Tochter ablehnte. Der Vater von fünf Kindern habe die junge Frau eingesperrt, und er habe sie später in die Türkei verschleppen wollen. Ein weiterer Vorwurf lautete: Der Vater habe zusammen mit seinem Sohn versucht, den Verlobten seiner Tochter zu überfahren.

Am Ende es Prozesses blieb von diese Vorwürfen der Tochter aber so gut wie nichts übrig: Die heute 18 Jahre alte Hauptzeugin der Anklage widerrief in einer spektakulären Wende die Vorwürfe gegen ihren Vater und Bruder. Sie habe übertrieben, sagte die Tochter vor Gericht. "Ich liebe meine Familie über alles und will bei ihr bleiben."

Andere wichtige Zeugen, wie der Ex-Verlobte, waren ebenfalls komplett zurückgerudert. Das Gericht hob im Verlauf des Verfahrens beide Haftbefehle auf, da ein dringender Tatverdacht nicht mehr bestand. "Wir wissen nicht, wie weit wir der Wahrheit auf die Spur gekommen sind", sagte Richter Bernhard Fritsch am Donnerstag.

Oberstaatsanwalt Dirk Schulte kündigte an, er wolle prüfen, ob die 18-Jährige und ihr Ex-Verlobter bei der Polizei falsche Verdächtigungen gemacht hätten - was strafrechtliche Folgen haben könnte. Vater und Sohn waren von August 2012 bis zum vergangenen Dienstag in U-Haft.

Der 17-jährige Bruder der Hauptzeugin sagte der Nachrichtenagentur dpa, dass er sich jetzt um eine Ausbildung kümmern wolle. Für den Vater gilt, dass er sich in den nächsten zweieinhalb Jahren nichts zuschulden kommen lassen darf, sonst droht doch eine Haftstrafe. Im Prozess wurde deutlich, dass es schon früher Probleme zwischen Vater und Tochter gegeben hatte. Damals ging es um eine Beziehung zu einem jungen Deutschen, die der Vater ablehnte.

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