Prozess in Würzburg:Autobahnschütze könnte bald verurteilt werden

  • Der Prozess gegen den Autobahnschützen beschränkt sich fortan auf die schwersten Anklagepunkte.
  • Von 171 Fällen werden 46 eingestellt - so kann der Prozess wohl schon nächste Woche abgeschlossen werden.
  • Der Angeklagte hat aus Frust über den Verkehr gehandelt, im drohen mehrere Jahre Haft.

Der Prozess gegen den Autobahnschützen beschränkt sich fortan auf die schwersten Anklagepunkte. Von den angeklagten 171 Fällen hat das Landgericht Würzburg am Montag 46 vorläufig eingestellt. "Wir wollen uns beschränken auf alle Beschussfälle, die im fließenden Verkehr abgegeben wurden", sagte der Vorsitzende Richter Burkhard Pöpperl. Schon in einer Woche könnten so die Plädoyers gehalten werden.

Projektil trifft Frau im Hals

Der 58 Jahre alte Fernfahrer hat vor Gericht gestanden, dass er über Jahre hinweg vom Steuer aus auf andere Lastwagen geschossen hat. Als Grund nannte er Frust im Straßenverkehr. In fünf Fällen wird ihm versuchter Mord vorgeworfen. Ein Projektil hatte eine Frau auf der A3 in den Hals getroffen. Der Fernfahrer hatte auch auf stehende Fahrzeuge und Gebäude geschossen und Nagelplättchen ausgelegt. Über diese Fälle wird nun nicht mehr verhandelt. Sie können aber bei einer Revision wieder aufgenommen werden. Das Gericht lehnte den Antrag der Verteidigung ab, das Schießvermögen des Angeklagten in einer Schießanlage der Bundeswehr zu testen. Das sei zur Wahrheitsfindung ungeeignet und unnötig, erklärte der Vorsitzende.

Planvolles und überlegtes Handeln

Ein Gerichtsgutachter hat den wegen Schüssen auf der Autobahn angeklagten Fernfahrer aus der Eifel als schuldfähig eingestuft. Der 58-Jährige habe eine schwierige, wechselvolle Biografie und einige problematische Persönlichkeitszüge, aber keine Persönlichkeitsstörung im diagnostischen Sinne, sagte Psychiater Henning Saß im Prozess vor dem Landgericht Würzburg. Auch eine psychische Erkrankung liege nicht vor. Der Mann sei zudem überlegt und planvoll vorgegangen und habe nicht im Affekt gehandelt.

Selbstjustiz aus Frust über den Verkehr

In seiner Jugend in der DDR habe sich ein Ressentiment gegen Staat und Gesellschaft entwickelt sowie die Einstellung, auf sich alleine gestellt zu sein. Seinen Frust über den Verkehr, als willkürlich empfundene Strafen der Polizei und Überfälle auf Rastplätzen habe er mit Pistolenschüssen zu kompensieren versucht - der Fernfahrer hatte von Selbstjustiz gesprochen. "Durchaus bemerkenswert ist, wie intensiv das war, wie hartnäckig, ohne große erkennbare Skrupel oder Besorgtheit, dass etwas passieren könnte", sagte ein Gutachter.

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