Prozess in Stuttgart:Vater suchte nach Winnenden-Amoklauf sofort nach Tatwaffe

Die Pistole im Schlafzimmer war weg, auch ein Magazin im Nachttisch fehlte: Vor dem Stuttgarter Landgericht schildert ein Kriminalbeamter, wie der Vater von Tim K. nach dem Amoklauf seines Sohnes hektisch nach seinen Waffen suchte. Außerdem sagt eine Familientherapeutin aus, die sich bei vorherigen Vernehmungen in Widersprüche verstrickt hatte.

15 Menschen starben am 11. März 2009 durch die Hand von Tim K. Als Polizisten nach dem Amoklauf des 17-Jährigen in Winnenden zu dessen Elternhaus fuhren und seinen Vater über die Taten seines Sohnes informierten, lief dieser sofort ins Schlafzimmer - wo er im Kleiderschrank eine Waffe aufbewahrt hatte. Unverschlossen.

Nachdem er festgestellt habe, dass die Pistole und ein im Nachtisch aufbewahrtes Magazin verschwunden waren, sei der Vater von Tim K. in den Keller gegangen. So schildert ein Kriminalhauptkommissar am Freitag vor dem Stuttgarter Landgericht die Reaktion des Mannes auf der Anklagebank. Der heute 53-Jährige muss sich wegen einer Mitschuld am Amoklauf seines Sohnes verantworten.

Im Untergeschoss habe Tims Vater einen Tresor überprüft, in dem er weitere Waffen und Munition aufbewahrt hatte. In dem Safe habe nach Aussage des Angeklagten nichts gefehlt.

Kommissar beschreibt Vater als glaubhaft

Der Kommissar hatte den Vater des Amokläufers mehrmals vernommen. Bei den Befragungen habe sich dieser nicht erklären können, wie Tim an 280 Schuss Munition gekommen sei, berichtet der Polizist aus den Vernehmungen. Die Angaben des Vaters beschreibt der Beamte als glaubhaft. Die Frage, ob der 53-Jährige damals wirklich alles gesagt habe, könne er jedoch nicht beantworten, so der Hauptkommissar.

In einem ersten Prozess war Tims Vater im Februar 2011 unter anderem wegen fahrlässiger Tötung zu einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Der Fall musste jedoch neu aufgerollt werden, weil der Bundesgerichtshof das erste Urteil kassiert hatte. Grund: Die Verteidigung konnte eine Schlüsselzeugin nicht befragen.

Widersprüche im Zeugenstand

Im ersten Prozess hatte die Familientherapeutin den Vater des Amokläufers zunächst schwer belastet, sich dann aber erheblich widersprochen und schließlich die Aussage verweigert. Der Bundesgerichtshof hatte beanstandet, dass ihr das Zeugnisverweigerungsrecht zu Unrecht zugebilligt worden war.

Wirklich erhellend ist die neuerliche Befragung der Frau jedoch nicht - sie macht Erinnerungslücken in Bezug auf ihre Besuche bei der Familie K. geltend. Verantwortlich dafür sei eine psychische Belastungsstörung aus dem vorangegangenen Prozess.

Mit der Pistole seines Vaters hatte Tim K. am 11. März 2009 15 Menschen und sich selbst erschossen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: