Prozess in Höxter:Höxter-Angeklagter Wilfried W. bezeichnet Exfrau als Sadistin

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  • Wilfried und Angelika W. sollen jahrelang mehrere Frauen in ihrem Haus in Höxter brutal gequält und zwei von ihnen getötet haben. Erstmals hat jetzt der Angeklagte ausgesagt.
  • Der 46-Jährige beschreibt seine Ex-Frau als dominante Person, die ständig in Wutanfälle ausbricht.
  • Zu den Anklagepunkten äußert sich Wilfried W. zunächst nicht.

Von Hans Holzhaider, Paderborn

Im Mordprozess von Höxter hat der Angeklagte Wilfried W. sein Schweigen gebrochen. Der 46-Jährige hatte an den elf Verhandlungstagen vor dem Landgericht Paderborn bislang nur durch einen Zwischenruf auf die Vorwürfe seiner Ex-Frau Angelika W. reagiert. Nun beschreibt er in seiner Aussage, wie er von ihr unterdrückt worden sei. Außerdem sei er in seiner Kindheit Opfer eines gewalttätigen Vaters und Stiefvaters geworden.

Über Jahre hinweg sollen Wilfried W. und Angelika W. mehrere Frauen in ihr Haus ins ostwestfälische Höxter gelockt und dort brutal misshandelt haben. Zwei Frauen aus Uslar und Bad Gandersheim starben infolge der Quälereien. Die Anklage lautet auf Mord durch Unterlassen.

Mit sehr leiser und hastiger Stimme berichtet Wilfried W. an diesem Verhandlungstag von schweren Misshandlungen in seiner Kindheit durch seinen leiblichen Vater. Dieser habe regelmäßig Alkohol getrunken und ihn, die ältere Schwester sowie seine Mutter verprügelt. Als sie sich von dem gewalttätigen Ehemann trennte, sei die Familie von Bochum nach Paderborn gezogen. Bei ihnen lebte auch der neue Partner der Mutter. Als Wilfried W. davon berichtet, wie der Stiefvater ihn mehrfach in der Woche vergewaltigt habe, kämpft er mit den Tränen.

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Am Morgen hatte sein Anwalt Detlev Binder eine Erklärung des Angeklagten verlesen. Demnach habe sich Wilfried W. zunächst nicht selbst vor Gericht äußern wollen. Doch seine ehemalige Ehefrau habe ständig neue Gräueltaten erfunden, die sie ihrem Ex-Mann zur Last gelegt habe, so dass dieser nun selbst Stellung beziehen wolle. Er bezeichnete ihre Aussagen als Lügengeschichten und "hochsubjektiv eingefärbte Schilderungen".

Später trägt Wilfried W. eine etwa 25-seitige, handschriftlich verfasste Erklärung über die Beziehung zu seiner Ex-Frau vor. Doch nach nur wenigen Sätzen versagt ihm die Stimme. Sein Verteidiger liest daraufhin die Erklärung vor, die stellenweise aus bruchstückhaften Sätzen besteht. Demnach sei Angelika W. eine dominante Frau, die regelmäßige Wutanfälle bekomme. Dem Bericht zufolge habe sie eifersüchtig reagiert, als Wilfried W. mit dem späteren Opfer Annika W. eine Beziehung hatte. "Wenn ihr etwas nicht passte, fing sie an zu schlagen und mit Pfefferspray zu sprühen", lässt der Angeklagte seinen Verteidiger vorlesen. Sie sei eine Sadistin. Zu den Anklagepunkten lässt sich Wilfried W. an diesem Verhandlungstag nicht ein.

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Die Beschreibung seiner Beziehung zu Angelika W. steht im genauen Gegenteil zu den Aussagen der 48-jährigen Angeklagten. Sie hatte im Prozess bereits umfassend ausgesagt und gemeinsame Taten eingeräumt. Dabei machte sie ihrem früheren Ehemann schwere Vorwürfe. Er habe sie manipuliert, in Todesangst versetzt und zu seinem Werkzeug gemacht.

Wilfried W. hat sich nun bereit erklärt, von einem Psychiater zumindest über seine Kindheit befragen zu lassen. Bislang hatte er ein persönliches Gespräch, das als Grundlage für ein Gutachten über ihn dienen soll, abgelehnt.

Nach seiner Festnahme habe sich Wilfried W. als unschuldig dargestellt, hatte ein Verhörspezialist der Polizei im Prozess ausgesagt. Der Verdächtige habe bereits im Auto ohne gefragt zu werden seine Sicht der Dinge geschildert. "Er schien vorbereitet und war ruhig und kooperativ", sagte der Ermittler. In den späteren Vernehmungen habe er einige Reaktionen des 46-Jährigen als Schauspielerei empfunden. So habe er sich zeitweise wie der französische Komiker Louis de Funès geäußert. "Ab da wurde es irre", sagte der Zeuge.

Die Taten des Paares waren im April vergangenen Jahres aufgeflogen, als Wilfried und Angelika W. gerade dabei waren, die schwer verletzte Susanne F. aus Höxter zurück in ihre Wohnung nach Bad Gandersheim zu bringen. Nach einer Autopanne starb die Frau im Krankenhaus - und die Polizei wurde auf das Paar aufmerksam.

Der Prozess wird in der kommenden Woche fortgesetzt.

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