Plädoyers vor Gericht:Milde Strafe für Benaissa gefordert

"No-Angels"-Sängerin Nadja Benaissa soll nach einhelliger Meinung von Anklage und Verteidigung um eine Gefängnisstrafe herumkommen. Zuvor hatte ein Gutachter die 28-Jährige belastet: Sie sei für die HIV-Infektion eines Ex-Partners verantwortlich.

Im Prozess gegen die HIV-infizierte No-Angels-Sängerin Nadja Benaissa haben sowohl die Anklage als auch die Verteidigung auf eine Bewährungsstrafe plädiert. Seine Mandantin bedauere ihr Verhalten zutiefst und habe gestanden, sagte Benaissas Anwalt Oliver Wallasch vor dem Amtsgericht Darmstadt. Er nannte kein konkretes Strafmaß.

Nadja Benaissa vor Gericht

Auf der Anklagebank in einem Verhandlungssaal des Landgerichts in Darmstadt: Nadja Benaissa, Sängerin der Band "No Angels", im Gespräch mit ihrem Anwalt Oliver Wallasch.

(Foto: dpa)

Zuvor hatte der Anklagevertreter zwei Jahre Haft auf Bewährung wegen gefährlicher und versuchter gefährlicher Körperverletzung für die Sängerin gefordert. Staatsanwalt Peter Liesenfeld sieht die Anklagevorwürfe der gefährlichen Körperverletzung und versuchten Körperverletzung als bewiesen an. Da Benaissa zum Tatzeitpunkt 22 Jahre alt war, solle sie jedoch nach dem Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden.

Die 28-jährige Sängerin ist wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt, weil sie trotz der HIV-Infektion ungeschützten Sex gehabt und ihren früheren Partner nicht über die Infektion informiert haben soll.

Ein Gutachter hatte Benaissa für die HIV-Infektion eines ehemaligen Liebhabers verantwortlich gemacht: "Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist festzustellen, dass Frau Benaissa die Quelle für die Infektion war", sagte der Gutachter Josef Eberle im Prozess vor dem Amtsgericht Darmstadt. Die Viren der beiden Infizierten gehörten dem gleichen Subtypen an.

Benaissa hat den Geschlechtsverkehr ohne Kondom gestanden. Sie hat auch zugegeben, von ihrer Infektion gewusst zu haben. Das Gutachten des Virologen ist ein entscheidender Punkt vor dem Abschluss des Prozesses.

Ein heute 34 Jahre alter Mann tritt in dem Verfahren als Nebenkläger auf. Er gibt an, von Benaissa 2004 bei ungeschütztem Sex infiziert worden zu sein. Die Sängerin hatte zum Prozessauftakt Reue gezeigt und sich für ihr Verhalten entschuldigt. Der Mann rechnet nach eigener Aussage ebenfalls mit einer Bewährungsstrafe für Benaissa.

Verwechslung ausgeschlossen

Gutachter Eberle sagte, die zu untersuchenden Proben von Benaissa und dem Mann seien ihm "in Bestzustand" überreicht worden. Eine Verwechslung oder eine Verschmutzung sei auszuschließen. "Die Datenanalyse war ausschließlich in meiner Hand." Das Gutachten sei auf Basis eines bewährten Verfahrens erfolgt, das ständig verbessert werde. "So ein Gutachten bietet auch die Chance, jemandem ganz klar die Unschuld zu beweisen."

In dem Verfahren geht es für Benaissa auch um versuchte gefährliche Körperverletzung. Zwei andere Partner blieben trotz Sex ohne Kondom von einer Ansteckung verschont.

Aids-Hilfe-Organisationen haben einen Freispruch für die Sängerin gefordert. "Auch die Strafjustiz muss der Eigenverantwortung des Einzelnen für seine Gesundheit Rechnung tragen", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Aids-Hilfe-Initiativen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die HIV-Prävention dürfe nicht nur einseitig den infizierten Menschen aufgebürdet werden.

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