Prozess in Berlin:23-Jähriger zu Tode gehetzt - Haupttäter geständig

"Ich will mich der Verantwortung stellen": In Berlin hat der Prozess gegen einen 21-Jährigen begonnen, der im vergangenen September nach einer Schlägerei einen 23-Jährigen zu Tode gehetzt haben soll. Das Opfer lief vor ein Auto. Der Hauptangeklagte und ein Mittäter zeigten sich erschüttert über den tödlichen Ausgang der Auseinandersetzung.

Panisch flüchtet Giuseppe M. vor seinen Peinigern aus dem U-Bahnhof auf die Straße - dort wird er von einem Auto erfasst und stirbt: Vier Monate nach der tödlichen Hetzjagd auf den jungen Koch hat vor dem Berliner Landgericht nun das Verfahren gegen die Täter begonnen. Zum Prozessauftakt räumte der 21-jährige Haupttäter ein, mitschuldig am Tod des Opfers zu sein: "Ich will mich der Verantwortung stellen", zitierte der Anwalt des Beschuldigten aus dessen schriftlichem Geständnis. Bisher hatte er bestritten, den 23-Jährigen in den Tod getrieben zu haben.

Dem Angeklagten wird Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen. Er soll Giuseppe M. im September 2011 nach einer Schlägerei in der U-Bahnstation Kaiserdamm bis hinaus auf die Straße verfolgt haben. Das Opfer wurde bei seiner panischen Flucht von einem Auto erfasst und tödlich verletzt. Der Hauptangeklagte gab an, dem 23-Jährigen hinterhergerannt zu sein, den Unfall selbst habe er aber nicht gesehen. "Ich hörte einen Knall und sah ihn gegen den Mast fliegen - das Bild werde ich nie vergessen", ließ der 21-Jährige über seinen Verteidiger mitteilen.

"Wir haben geweint"

Ein 22-jähriger Mitangeklagter gestand seine Beteiligung an der Schlägerei. Er wurde selbst verletzt und hat eigenen Angaben zufolge von dem Unfall nichts mitbekommen. Beide Männer hatten sich der Polizei gestellt. "Wir haben geweint und waren geschockt", heißt es in der schriftlichen Aussage des Mitangeklagten, die dessen Verteidiger verlas. Beide Beschuldigten gaben an, in der besagten Nacht betrunken gewesen zu sein.

Ein Freund von Giuseppe M., der zum Tatzeitpunkt mit ihm unterwegs war, berichtete vor Gericht, es habe im U-Bahnhof einen Streit um Zigaretten gegeben. Die Angeklagten hätten aggressiv gewirkt, sagte der Zeuge. Ohne jede Vorwarnung habe der ältere Angeklagte Giuseppe geschlagen. Daraufhin sei dann auch der Hauptangeklagte tätlich geworden. "Wir verteidigten uns und schlugen zurück." Der 22-Jährige konnte sich zwar vor weiteren Angriffen retten, berichtete jedoch, er habe Angst um sein Leben gehabt.

Der Zeuge beobachtete nach eigener Aussage, wie der 21-Jährige seinem Freund Giuseppe M. dicht auf den Fersen war. "Es war ersichtlich, dass er verfolgt wurde." Er habe einen lauten Knall gehört, sei zurückgerannt und habe seinen Freund bewusstlos auf der Straße liegen sehen.

Der Tod des jungen Berliners hatte Bestürzung und große öffentliche Anteilnahme ausgelöst. Mutter und Bruder des Opfers treten im Prozess als Nebenkläger auf. "Es ist schwer, sich nicht von Emotionen hinreißen zu lassen", sagte der 28-Jährige Bruder auf dem Gerichtsflur.

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