Kachelmann-Prozess:Anklage fordert mehr als vier Jahre Haft

Geht es nach der Staatsanwaltschaft, soll Kachelmann vier Jahre und drei Monate hinter Gitter. Er habe sich einer besonders schweren Vergewaltigung strafbar gemacht. Die Anklage steht dem angeklagten Wettermoderator aber mildernde Umstände zu.

Der Wettermoderator Jörg Kachelmann soll nach dem Willen der Staatsanwaltschaft ins Gefängnis kommen. Sie forderte am Mittwoch vor dem Landgericht Mannheim eine Haftstrafe von vier Jahren und drei Monaten wegen einer besonders schweren Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung.

Staatsanwaltschaft plaediert im Kachelmann-Prozess

Die Staatsanwaltschaft plädiert auf schuldig: Die Anklage will Wettermoderator Jörg Kachelmann mehr als vier Jahre hinter Gitter bringen.

(Foto: dapd)

Darauf steht eigentlich eine Mindeststrafe von fünf Jahren Haft. Die Staatsanwaltschaft sieht aber Milderungsgründe wegen der Nachteile, die Kachelmann wegen der Medienberichte und Persönlichkeitsverletzungen erlitten habe. Andererseits sei für das Strafmaß zu berücksichtigen, dass die Nebenklägerin "massive Todesangst" erlitten habe.

Der Rechtanwalt der Nebenklägerin im Vergewaltigungs-Prozess gegen Kachelmann hat sich dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft angeschlossen. Der Vertreter des mutmaßlichen Opfers, Rechtsanwalt Thomas Franz, wandte sich gegen Vorwürfe, die Exfreundin Kachelmanns hätte die Beschuldigungen erfunden.

Die Gesamtschau aller Umstände zeige, dass sich die Tat so zugetragen haben müsse, wie von Kachelmanns Ex-Freundin behauptet, erklärten die Anklagevertreter. Es bestehe "kein vernünftiger Zweifel daran", dass es so gewesen sei, wie in der Anklage geschildert.

Jörg Kachelmann soll demnach in der Nacht zum 9. Februar 2010 seine damalige Geliebte mit einem Messer bedroht und vergewaltigt haben. Der Moderator bestreitet die Vorwürfe.

Am Morgen war es im Gericht bereits zu einem Eklat gekommen. Der Anwalt des 52-jährigen Angeklagten hatte das Plädoyer der Staatsanwaltschaft barsch unterbrochen, war aber mit seinem Antrag gescheitert, die Öffentlichkeit auszuschließen.

Die Verteidiger werden am 24. Mai plädieren und voraussichtlich Freispruch fordern. Die 5. Große Strafkammer will ihr Urteil am 31. Mai 2011 verkünden. Ob Kachelmann verurteilt wird, hängt maßgeblich davon ab, wie das Gericht die Glaubwürdigkeit des Opfers bewertet.

Zwar habe die 38-Jährige in einigen Punkten gelogen, das bedeute aber nicht, dass sie ansonsten die Unwahrheit gesagt habe, sagte Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge am Mittwoch vor Gericht in Mannheim. Nur weil sie Lügen zur Vorgeschichte der Tat längere Zeit aufrechterhalten habe, dürfe nicht der Stab über die Frau gebrochen werden. Man könne deshalb nicht behaupten, dass ihre Aussage "nichts wert" sei und sie "in keinem Punkt die Wahrheit" sage.

Oltrogge sagte, die 37-jährige Radiomoderatorin habe sich die Verletzungen wie Schnittwunden und Hämatome an den Oberschenkeln zweifelsfrei nicht selbst beigebracht. Auch sei sie nicht fähig gewesen, die Spuren in der Wohnung in der Nacht nach der Straftat anzulegen. Kachelmann habe sie mit einem Küchenmesser bedroht und ins Schlafzimmer gezerrt. Dann habe er sie vergewaltigt, sagte Oltrogge. Es sei die Fortsetzung eines Beziehungsstreits in einer narzisstischen Krise gewesen.

"Krank und verrückt, wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde"

Oltrogge sagte in seinem Plädoyer auch, Kachelmann habe versucht, bestimmte "Spuren zu beseitigen". So seien auf seinem Handy, auf dem er alle seine SMS-Kontakte speicherte, sämtliche von dem mutmaßlichen Opfer eingegangenen SMS nicht mehr vorhanden. Zudem wurden weitere Details bekannt, die Kachelmann aus Sicht der Anklage belasten.

Oltrogge zitierte aus früheren Vernehmungen des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers zum angeblichen Ablauf des Geschehens in der Tatnacht. Als sie den 52-Jährigen dabei auf andere Frauen angesprochen habe, habe Kachelmann ihr nach längerem Schweigen letztlich erzählt, dass er einen Frauenhass habe und "dass er krank ist und verrückt, wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde". Er sei auch schon beim Psychologen gewesen.

Laut den von Oltrogge verlesenen Vernehmungsprotokollen hatte die 38-Jährige Kachelmann aufgefordert zu gehen. Nach einer Weile habe der jedoch einen Blick bekommen, der "eiskalt, böse und starr" gewesen sei. Dann sei er in die Küche gegangen, habe ein Messer genommen, sie an den Haaren gepackt, ihr das Messer an den Hals gedrückt und gesagt: "Halt die Klappe oder du bist tot." Dann habe er sie auf das Bett geworfen und vergewaltigt. Sie habe "Todesangst" bekommen und habe gebetet: "Lieber Gott, bitte lass mich das überleben."

Auch die Staatsanwaltschaft sei "nicht so blöd", nicht zu erkennen, dass die Nebenklägerin in vielen Punkten gelogen habe, sagte Oltrogge. Unter anderem hatte sie Angaben zur Vorgeschichte der möglichen Tat erst spät korrigiert. Dennoch gehe die Anklage davon aus, dass die Angaben zum eigentlichen Tatvorwurf zutreffen.

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