Prozess gegen Komiker in Zürich:Karl Dall will vor Gericht "Klartext" reden

  • In Zürich beginnt am Dienstag der Vergewaltigungsprozess gegen Karl Dall. Eine 44-jährige Journalistin hatte den Komiker angezeigt.
  • Dall bestreitet die Vorwürfe. Auf den Prozess freut er sich nach eigenen Angaben sogar - weil er vor Gericht endlich "Klartext" reden könne.

Von Charlotte Theile, Zürich

Als Karl Dall am 3. November vergangenen Jahres verhaftet wurde, hielt er das Ganze für einen Scherz. Gerade hatte er noch mit der Schweizer Schlagersängerin Paola Felix geplaudert - in den 1980er-Jahren hatten beide zusammen "Verstehen Sie Spaß?" moderiert. Deshalb war für den Komiker alles klar, als er in Sankt Gallen von der Schweizer Polizei abgeführt wurde. Noch im Gefängnis suchte er nach versteckten Kameras. Vergeblich.

Die Vorwürfe gegen den 73-jährigen Ostfriesen sind ernst. Eine Journalistin beschuldigt ihn, sie in der Nacht vom 5. auf den 6. September 2013 in einer Zürcher Hotelsuite vergewaltigt zu haben. Über ein Jahr hat die Staatsanwaltschaft ermittelt, an diesem Dienstag beginnt in Zürich der Prozess.

Das steht in der Anklage

In der Anklage heißt es, Karl Dall und die Schweizer Journalistin hätten einander an diesem Abend in einem Fünf-Sterne-Hotel getroffen und an der Bar zusammen Rotwein getrunken - wobei er die Flasche quasi allein geleert haben soll. Danach seien sie noch nach oben in Dalls Suite gegangen, um gemeinsam eine Talkshow anzusehen, bei der der Komiker zu Gast war.

Noch bevor sie die Suite betreten haben, will die 44-Jährige Karl Dall mitgeteilt haben, dass sie keinen Sex mit ihm haben wolle. Sie gibt an, schon vor dem Treffen erotische E-Mails mit dem deutschen Komiker ausgetauscht zu haben. Nach dem Ende der Sendung sollen beide das Hotelzimmer wieder verlassen haben. Sie sagt, sie habe ihn ins Casino gefahren und dort drei Stunden gewartet, bis er wieder herauskam.

Gegen drei Uhr morgens fuhr sie ihn demnach wieder zum Hotel zurück. Zu diesem Zeitpunkt sei sie so müde gewesen, dass sie sich nicht mehr zutraute, nach Hause zu fahren. Sie schlief deshalb in der Suite. Nach kurzer Zeit sei sie erwacht: Karl Dall habe auf ihr gelegen, ihre Arme festgehalten, sie vergewaltigt. Am nächsten Tag soll er ihr in einer E-Mail gedroht haben, die Geschehnisse der Nacht weiterzugeben. Aus diesem Grund ist der 73-Jährige nicht nur wegen Vergewaltigung, sondern auch wegen versuchter Nötigung angeklagt.

Die Version von Karl Dall

Karl Dall, der nach der Festnahme vier Tage in Untersuchungshaft saß, bestreitet die Vorwürfe. Sein Anwalt erklärte, Dall habe die Frau weder gebeten, mit ihm die Talkshow anzusehen noch bei ihm zu übernachten. Stattdessen habe sich die Frau ihm "aufgedrängt". Zum Sex sei es nicht gekommen.

Dem steht eine Tonaufnahme entgegen. In der Bild am Sonntag hatte Dall erklärt, die Aufnahme sei auf Drängen der Frau entstanden: "Ich habe ihr vorgeschwärmt, dass sie eine wahnsinnige Granate im Bett sei, weil sie das so von mir hören wollte. Ich wollte endlich meine Ruhe haben. Es gab aber keinen Sex, ich habe ihr das in meiner Übermüdung und Verzweiflung so vorgeplappert." In den folgenden Wochen habe die Frau ihn und seine Familie mit Anrufen und Mails terrorisiert, erklärte Dall vor etwa einem Jahr in einer Talkshow, und ihn erst dann angezeigt. Von daher freue er sich nun auf den Prozess. "Er gibt mir endlich die Möglichkeit, Klartext zu reden."

Boulevardmedien hatten ausgiebig über den Fall berichtet, besonders das Vorleben der Schweizerin wurde thematisiert. Sie soll wegen Stalkings vorbestraft sein und einem Schweizer Politiker mit einer Anzeige wegen Vergewaltigung gedroht haben. Auch Udo Jürgens berichtete, er sei vor einigen Jahren von der 44-Jährigen belästigt und bedroht worden. Ihr Anwalt weist die Vorwürfe im Namen seiner Mandantin zurück; sie würden im Verfahren auch kaum eine Rolle spielen.

Wie lange der Prozess dauern wird, ist offen. Anders als in Deutschland sind die Ermittlungen in der Schweiz häufig fast abgeschlossen, wenn ein Gerichtsverfahren beginnt. Daher könnte das Urteil bereits am Dienstag fallen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: