Prozess gegen Jörg Kachelmann:Ein Moderator, fünf Anwälte

Keine Zeit für Nettigkeiten: Der Vergewaltigungs-Prozess gegen Jörg Kachelmann wird kurz nach Beginn vertagt. Vorher vergiften beide Seiten noch die Stimmung. Und der angeklagte Wettermann holt sich weiblichen Beistand.

Wolfgang Janisch, Mannheim

Der Auftakt im Prozess gegen Jörg Kachelmann dauerte nur wenige Minuten, aber das genügte, um einen ersten Akkord anzuschlagen - es war eine schmerzhafte Dissonanz. Die Verteidigung schoss einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Michael Seidling und eine weitere Richterin des Landgerichts Mannheim ab, ohne öffentliche Begründung und "zu Protokoll der Geschäftsstelle".

Kachelmann-Prozess auf 13. September vertagt

Widerstand dem alten Moderatoren-Reflex, ins Publikum zu grinsen: Jörg Kachelmann vor Gericht.

(Foto: ddp)

Auch die Anklage wollte im Bemühen um eine konflikthafte Stimmung nicht hintanstehen: Dass die Verteidiger "ihren" Gutachter, den Rechtsmediziner Bernd Brinkmann, ausgerechnet an der Seite der Anklage neben den übrigen Sachverständigen platzieren wollte, dem trat Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge so entschieden wie erfolglos entgegen.

Keine Zeit für Nettigkeiten also im Prozess gegen Kachelmann. Der 52-jährige Angeklagte selbst kam nicht zu Wort, sein Part wird - falls er sich äußert - frühestens nächste Woche kommen. Im graublauen Anzug mit silberfarbener Krawatte betrat er den Gerichtssaal; so sorgfältig frisiert kannte man den sturmerprobten Wettermann gar nicht. Den Reflex jedes Moderators, sofort ins Publikum zu lächeln, konnte er trotz der dicht gefüllten Sitzreihen unterdrücken.

Auch die schmale blonde Frau in die Mitte des Saales würdigte er kaum eines Blickes: Dort saß die 37-jährige Reporterin, die er vergewaltigt haben soll, sie tritt als Nebenklägerin auf - und war überraschend selbst nach Mannheim gekommen.

Kachelmann, so scheint es, hat seine Rolle als Angeklagter gelernt. Das mag auch daran liegen, dass ihm inzwischen eine ganze Reihe von Anwälten zur Seite stehen. Das Projekt, Kachelmann vor dem Verlust seiner Freiheit (und seines guten Rufs) zu retten, beschäftigt inzwischen fünf Anwälte: Der Kölner Strafverteidiger Reinhard Birkenstock steht gleichsam an vorderster Front; um die medienrechtlichen Fragen und Klagen kümmert sich Ralf Höcker.

Eine erfahrene Anwältin

Im Hintergrund wirken der Karlsruher Verteidiger Klaus Schroth - sein Job war vor allem die Haftprüfung beim dortigen Oberlandesgericht - sowie der Revisionsspezialist Johannes Latz: Er kommt zum Zug, falls der Fall beim Bundesgerichtshof landet. Inzwischen ist auch eine Frau an Bord, Andrea Combé aus Heidelberg.

Womöglich, so glauben die übrigen Kachelmann-Anwälte, kann sich eine Frau besser in die Psyche des angeblichen Opfers einfühlen. Der größte Vorzug der 52-Jährigen ist indes unabhängig vom Geschlecht: Sie ist eine in der Region sehr erfahrene Anwältin, sie kennt also die Richter und Staatsanwälte an ihren Gerichten ziemlich genau - was sich als wichtiger erweisen kann als die Kenntnis prozessrechtlicher Feinheiten.

Combé hat keine Scheu vor schwierigen Fällen. Vor Jahren verteidigte sie erfolgreich einen Türken, dem man in der aufgeheizten Atmosphäre nach dem 11.September 2001 die Vorbereitung eines islamistischen Terroranschlags vorgeworfen hatte - auch damals ging es um öffentlichen Druck. Erst jüngst vertrat sie einen Waffennarren, der in Viernheim und Weinheim Wohnhäuser mit Handgranaten und Sprengstoff attackiert hatte; ihm ersparte sie die Verurteilung wegen versuchten Mordes.

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