Prozess gegen Berliner U-Bahn-Schläger:Sozialarbeiterin empfiehlt Bewährung für Torben P.

Nicht der "typische Gewalttäter": Nur durch einen Zufall endete die Prügelattacke von Torben P. am Berliner U-Bahnhof Friedrichstrafe für das Opfer nicht tödlich. Das hat eine medizinische Gutachterin vor dem Berliner Landgericht ausgesagt. Trotz der Schwere seiner Tat könnte der 18-Jährige um eine Gefängnisstrafe herumkommen.

Ein Schädel-Hirn-Trauma, eine gebrochene Nase und Prellungen: Die Liste der Verletzungen, die Torben P. seinem Opfer bei der Prügelattacke im Berliner U-Bahnhof Friedrichstraße zugefügt hat, liest sich schlimm genug. Und nach Aussage einer Gerichtsmedizinerin endete der Gewaltexzess nur durch einen Zufall nicht tödlich. Dennoch kommt der 18-Jährige möglicherweise um eine Gefängnisstrafe herum.

Fortsetzung im Prozess gegen Berliner 'U-Bahnschlaeger'

Der 18-jährige Angeklagte Torben P. hat vor dem Berliner Landgericht bereits gestanden, sein Opfer geschlagen und mit Fußtritten bis zur Bewusstlosigkeit misshandelt zu haben.

(Foto: dapd)

Eine Mitarbeiterin der Jugendgerichtshilfe hat empfohlen, den Schüler zu einer Bewährungsstrafe zu verurteilen. Vor dem Landgericht Berlin sagte die Sozialarbeiterin vierten Verhandlungstag, der Gymnasiast unterscheide sich ihrer Einschätzung nach "deutlich von einem typischen Gewalttäter".

"Weiche Gummisohlen" retteten dem Opfer das Leben

Im Verfahren wird dem 18-Jährigen versuchter Totschlag und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Er soll am Karsamstag auf dem Bahnsteig der U-Bahnlinie 6 einen 29-Jährigen mit einer Flasche niedergeschlagen und ihm mehrmals gegen den Kopf getreten haben.

Einer Sachverständigen zufolge bestand für das Opfer zwar eine "potenzielle Lebensgefahr", doch die Verletzungen durch die Tritte seien wegen der "weichen Gummisohle" unter den Schuhen des Angeklagten nicht lebensgefährlich gewesen, sagte die Ärztin. Zum Prozessauftakt hatte Torben P. ein Geständnis abgelegt, aber hinsichtlich der Tritte auf Erinnerungslücken verwiesen.

Nach Meinung der Jugendgerichtshilfe besteht bei dem Schüler zwar therapeutischer Bedarf, aber "kein Erziehungsbedarf" über das hinaus, was die Familie leiste. Die Atmosphäre dort sei von Zusammenhalt, Zuneigung und gegenseitiger Unterstützung geprägt.

Der Angeklagte, den sie als höflich und aufmerksam beschrieb, habe sich "aus eigenem Antrieb eingehend mit der Tat auseinandergesetzt" und Hilfe gesucht. So habe er gemeinsam mit den Eltern und seiner Schwester eine Familientherapie gemacht, besuche derzeit eine Suchtberatung und interessiere sich für ein Anti-Aggressionstraining.

Gegenüber der Jugendgerichtshilfe hatte der Gymnasiast angegeben, seit dem Gewaltexzess keinen Alkohol mehr zu trinken. Außerdem habe die "Religion" für ihnen einen neuen Stellenwert bekommen. Nach Angaben des Gerichts kann der 18-Jährige sein Abitur an einem Katholischen Gymnasium fortsetzen. Er bekommt derzeit noch Einzelunterricht in einigen Fächern.

In dem Verfahren muss sich auch ein Freund von Torben P. wegen unterlassener Hilfeleistung und Körperverletzung verantworten. Der inzwischen 19-Jährige soll bei dem Gewaltexzess tatenlos zugesehen und danach gemeinsam mit dem 18-Jährigen auf einen 22-jährigen Mann aus Bayern eingeschlagen haben, der dem Opfer zu Hilfe eilte. Auch der Mitangeklagte war im Prozess geständig. Der Prozess wird am 6. September fortgesetzt.

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