Prozess gegen Autobahnschützen in Würzburg:Lkw-Fahrer weist Vorwurf des versuchten Mordes zurück

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Er soll mehr als 700 Mal auf andere Lkw geschossen haben. Nun hat in Würzburg der Prozess gegen den Fernfahrer Michael K begonnen. Die Staatsanwaltschaft spricht von versuchtem Mord - doch der Angeklagte beteuert, nie in die Nähe der Führerhäuser gefeuert zu haben.

  • Der Fernfahrer Michael K. soll über Jahre vom Steuer aus auf andere Lkw geschossen haben.
  • Mehr als 700 mal soll er gefeuert haben, die Anklageschrift listet 170 Gelegenheiten auf. In fünf Fällen wird ihm versuchter Mord zur Last gelegt.
  • Michael K. wollte anderen Lastwagenfahrern nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft einen "Denkzettel" für ihr Fahrverhalten verpassen.
  • Den Vorwurf des versuchtes Mordes weist der Angeklagte in der Verhandlung zurück.

Die Anklage: 90 Seiten, 170 Vorfälle

Der Fernfahrer Michael K., ein massiger Mann von 58 Jahren, hat am Montag erstmals auf der Anklagebank des Landgerichts Würzburgs Platz genommen. Er leidet an Bluthochdruck und Diabetes, der Richter kündigt gleich zu Beginn an, dass wegen der Gesundheit des Angeklagten mit Unterbrechungen zu rechnen ist. Ihm wird vorgeworfen, von 2008 bis 2013 immer wieder aus seinem Lkw heraus auf andere Lastwagen geschossen zu haben. Die Anklageschrift umfasst 90 Seiten, ihre Verlesung zieht sich über mehrere Stunden hin.

Prozess gegen "Autobahn-Schützen"
:Rasende Wut

Es ist eine beispiellose Attentatserie, über die von Montag an in Würzburg vor Gericht verhandelt wird. Mehr als 700 Mal soll ein LKW-Fahrer auf deutschen Autobahnen andere Fahrzeuge beschossen haben - sein Motiv: Ärger über rücksichtslose Fahrer.

Von Hans Holzhaider

Die Vorwürfe: K. nahm Verletzte und Tote billigend in Kauf

Der Staatsanwaltschaft zufolge schoss K. auf Autobahnen in ganz Deutschland auf Lkw. Er habe anderen Verkehrsteilnehmern "Denkzettel" für ihr Fahrverhalten verpassen wollen. Vom Fahrersitz aus feuerte er durch das geöffnete Fenster in den Gegenverkehr oder auf Lastwagen, die in seiner Fahrtrichtung fuhren. Der Angeklagte beteuert zwar, dass er nur Sachschäden anrichten wollte. Die Staatsanwaltschaft glaubt ihm das auch - wirft ihm aber vor, die Gefahr für Leib und Leben anderer aber billigend in Kauf genommen zu haben. Der Angeklagte habe ohne genaueres Anvisieren geschossen, sagte der Oberstaatsanwalt zu Prozessbeginn. Er wirft K. in fünf Fällen versuchten Mord vor.

Die Entgegung: Angeklagter weist den Vorwurf des versuchten Mordes zurück

Am Nachmittag verliest Rechtsanwalt Franz-Josef Krichel, der Verteidiger von K., im Namen seines Mandanten eine Erklärung. Darin legt dieser ein Teilgeständnis ab, weist jedoch den Vorwurf des versuchten Mordes vehement zurück. Er habe nicht in einem einzigen Fall in die Nähe, geschweige denn auf oder in Führerhäuser gefeuert, sagte der 58-jährige Fernfahrer. Die Schüsse an sich räumt er aber ein. Außerdem bittet er die Opfer um Entschuldigung. "Mir ist bewusst, dass mein Handeln für Außenstehende in keiner Weise nachvollziehbar ist."

Die Taten: Hunderte Schüsse auf deutschen Autobahnen

Immer wieder kam es auf deutschen Autobahnen jahrelang zu Schüssen auf Lkw; drei Menschen wurden verletzt. Am 10. November 2009, nahe der Rastanlage Würzburg-Süd, durchschlug ein Projektil die Frontscheibe eines Škoda Oktavia und traf die Fahrerin am Hals. Nur durch Glück überlebte die Frau die Schussverletzung, fast ein Jahr wurde sie stationär behandelt. Die Serie von Schüssen hatte Ermittlern lange Rätsel aufgegeben.

© Süddeutsche.de/dpa/leja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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