Prozess elf Jahre nach Verbrechen:Angeklagter räumt Mord an Tobias ein

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38 Mal stach er auf den Jungen ein: Mehr als ein Jahrzehnt nach dem grausamen Mord am elfjährigen Tobias aus Baden-Württemberg steht der mutmaßliche Täter in Stuttgart vor Gericht. Beim Geständnis des Angeklagten brechen die Mutter des Opfers und einige Zuhörer in Tränen aus.

Mehr als ein Jahrzehnt blieb die Bluttat an Tobias ungeklärt - jetzt steht der mutmaßliche Mörder des elfjährigen Jungen aus Weil im Schönbuch vor Gericht. Zum Prozessauftakt in Stuttgart hat der 48-jährige Angeklagte ein umfassendes Geständnis abgelegt.

Vor dem Landgericht Stuttgart verbarg der mutmaßliche Mörder des elfjährigen Tobias sein Gesicht hinter einem Aktenordner. Mit seinem umfassenden Geständnis will der 48-Jährige nach eigener Aussage den Hinterbliebenen seines Opfers zumindest Gewissheit darüber geben, was passiert ist. (Foto: dpa)

Er habe Tobias missbrauchen wollen und den Jungen erstochen, als dieser um Hilfe schrie, sagte der Beschuldigte vor dem Landgericht. Zahlreiche Details brachte der Bäcker zur Sprache - so grausam, dass nicht nur die Mutter des Opfers, sondern auch einige Zuhörer mehrfach in Tränen ausbrachen. Mutter, Vater und der ältere Bruder des Elfjährigen treten im Prozess als Nebenkläger auf.

Am Tattag, dem 30. Oktober 2000, sei er mit dem Fahrrad unterwegs gewesen, als er den Jungen an einem Weiher in Weil im Schönbuch (Kreis Böblingen) sitzen sah, erzählte der Angeklagte. Zuvor hatte er dem Gericht von seiner sexuellen Neigung berichtet, sich selbst zu verletzen. "Und dann kam mir halt die blöde Idee, jetzt kannst du das ja mal mit dem machen."

Furcht vor einem erneuten Übergriff

Er bat den Elfjährigen um Hilfe beim Einstellen seiner Fahrradbremsen, das Kind folgte ihm. Als er hinter einem Schuppen sein Messer zeigte, schrie der Junge um Hilfe. Bei dem folgenden Gerangel habe er seinem Opfer zum ersten Mal direkt in die Augen geblickt. "Ich habe in seinen Augen den Tod gesehen, die Todesangst", so der Angeklagte. Dann habe sein Verstand ausgesetzt. Der Anklage zufolge stach er 38 Mal auf den Jungen ein. Tobias starb am hohen Blutverlust infolge seiner Verletzungen.

Nach der Tat habe er in ständiger Furcht gelebt, er könne abermals ein Kind angreifen: "Das war all die Jahre meine Angst, dass ich es nochmal machen könnte", sagte der Beschuldigte. Deshalb habe er sich bewusst von Orten mit vielen Kindern ferngehalten. Mit der Zeit sei seine Neigung und auch seine Todessehnsucht immer extremer geworden. Auch an Selbstmord habe er gedacht. "Aber wenn ich jetzt hier sitze, bin ich froh, dass ich es nicht gemacht habe." Die Eltern von Tobias sollten wenigstens wissen, was passiert sei.

Erst durch einen Zufall, bei Recherchen zu Kinderpornografie, waren Ermittler auf den ledigen Bäcker aufmerksam geworden - mehr als ein Jahrzehnt nach der Bluttat. Ein Abgleich seiner DNA mit Spuren vom Tatort verlief positiv. Vor seiner Festnahme hatten die Ermittler fast die Hoffnung aufgegeben, den Täter noch zu finden.

© Süddeutsche.de/dpa/jobr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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