Prozess:Die nackte Rache

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Zwei Frauen sollen ihren gemeinsamen Ex verletzt und dann im Wald ausgesetzt haben. Nun stehen sie vor Gericht.

Von Oliver Klasen

Die Meldung klingt zunächst wie ein makabrer Scherz: Zwei Frauen tun sich zusammen und beschließen, dem Mann, mit dem sie beide schon liiert waren und auf den sie jetzt Wut verspüren, eine Lektion zu erteilen. Sie packen ihn, stecken ihn in einen Lieferwagen und setzen ihn nackt in einem Wald aus. Der so gedemütigte Ex-Liebhaber irrt völlig orientierungslos im Freien herum. Erst nach einiger Zeit entdeckt er eine Landstraße und es gelingt ihm, einen anderen Autofahrer anzuhalten und um Hilfe zu bitten.

Vielleicht muss man sich vorstellen, die Verdächtigen seien Männer und das Opfer eine Frau

Nun wird der Fall in Frankfurt an der Oder vor Gericht verhandelt. Als einen makabren - vielleicht etwas zu drastischen - Scherz, so sahen die beiden Frauen auch im Nachhinein ihre Aktion. Eine von ihnen hat an diesem Montag ausgesagt, die 39-jährige frühere Ehefrau des Mannes. Sie räumte zwar ein, an der Tat beteiligt gewesen zu sein. Allerdings bestritt sie, dass die Tat geplant gewesen sei. Es sei vielmehr ein spontaner Entschluss gewesen, den Mann in den Wald zu verschleppen und ihm eine Abreibung zu verpassen.

Vielleicht muss man sich vorstellen, die Tatverdächtigen seien Männer und das Opfer eine Frau, um sich zu vergegenwärtigen, dass die Staatsanwaltschaft den Vorfall nicht als makabren Scherz an einem ehemaligen Liebhaber, sondern als schwere Straftat sieht. Sie stellt jenen Tag im März 2015 völlig anders dar als die beiden Frauen und ist überzeugt, dass sich die beiden Angeklagten gezielt verabredet haben, um den Mann zu kidnappen. Sie hätten sich vier Komplizen gesucht und ihrem Ex-Partner in Zepernick nordöstlich von Berlin aufgelauert. Dem Mann seien nicht nur Schlüssel, Geld, Telefon und sämtliche Kleidung abgenommen worden. Bei der Entführung habe die Gruppe auch Gewalt angewendet, das Opfer sei mehrfach geschlagen und getreten worden. Seine Hände seien mit Kabelbinder gefesselt und Augen und Ohren mit Klebeband verschlossen worden. In einem verlassenen Waldstück in Brandenburg angekommen, sei dem Mann außerdem gedroht worden, ihn zu erschießen. Splitternackt sei der verletzte und psychisch traumatisierte Mann im Freien zurückgelassen worden, bei einer Außentemperatur von nur sechs Grad. Ihm sei befohlen worden, bis 100 zu zählen, währenddessen seien die mutmaßlichen Täterinnen und ihre Helfer, die die Polizei bis heute nicht ermitteln konnte, geflüchtet.

Splitternackt sei der verletzte und psychisch traumatisierte Mann im Freien zurückgelassen worden

Angeklagt sind die beiden Frauen wegen Freiheitsberaubung und gefährlicher Körperverletzung - beides Straftaten, die möglicherweise eine mehrjährige Freiheitsstrafe nach sich ziehen.

Zum Motiv für die Tat sagte die frühere Ehefrau, dass die Beziehung zwischen ihr und dem Mann von Gewalt geprägt gewesen sei. Nach der Trennung habe er sie mit Telefonanrufen belästigt und ihr nachgestellt. Sie habe nicht gewusst, was die vier Männer mit dem Opfer machen würden und ihrem Ex-Mann lediglich die Meinung sagen wollen. Die zweite Angeklagte, eine 37-jährige frühere Freundin des Mannes, sagte am ersten Prozesstag noch nicht aus. Auch sie gab allerdings vorher an, sich von dem Opfer belästigt gefühlt zu haben.

Vonseiten des Gerichts hieß es vor dem Prozess außerdem, dass es zwischen den in Scheidung lebenden Eheleuten vermögensrechtliche Streitigkeiten gegeben haben soll. Ob diese bei der Tat auch eine Rolle gespielt haben, muss in dem Verfahren noch geklärt werden. Vorläufig sind drei Prozesstage angesetzt. Ein Urteil soll im November gesprochen werden.

© SZ vom 24.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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