Promis:Boris Becker: Unmoralisches Angebot vom Trash-TV

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Boris Becker hat ein Angebot, an der britischen Ausgabe des Dschungelcamps teilzunehmen. (Foto: dpa)

Der frühere Tennisspieler ist verschuldet und braucht Geld. Aber offenbar nicht so dringend, dass er bereit ist, sich mit Kakerlaken in eine Kiste sperren zu lassen.

Von Kerstin Lottritz

Was ist passiert?

Boris Becker ist 1985 als bislang jüngster Wimbledon-Sieger zum deutschen Tennisidol aufgestiegen, danach vor allem durch sein Privatleben zum Liebling der Boulevardpresse geworden. Er habe ein Angebot bekommen, am Dschungelcamp teilzunehmen, bestätigte Becker der Bild-Zeitung . Bevor deutsche Fans der Reality-Sendung nun jubeln: Es geht es um die britische Variante namens "I'm a Celebrity... Get Me Out of Here!".

Becker wird im November, wenn die neue Staffel im britischen Sender ITV startet, aber offenbar nicht dabei sein. Er habe das Angebot "selbstverständlich abgelehnt", heißt es in einer Mitteilung von Beckers Anwalt. Berichte, wonach Becker in Verhandlungen mit dem TV-Sender stehen soll, seien "schlicht falsch". Auch eine Sprecherin des britischen Senders ITV, der die Reality-Show in Großbritannien ausstrahlt, bezeichnete entsprechende Berichte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in London als "pure Spekulation".

Wieso überhaupt Dschungelcamp?

Wer den Fernseher nur anschaltet, um Sport-Übertragungen oder Arte-Dokumentationen anzuschauen, und sich außerdem nicht am Büro-Tratsch beteiligt, wird nun wissen wollen, was das Dschungelcamp überhaupt für eine Sendung ist. Erfunden 2002 in Großbritannien, ist die Sendung seit 2004 auch im deutschen TV unter dem Namen "Ich bin ein Star -Holt mich hier raus!" zu sehen. Etwa ein Dutzend C-Promis und solche, die diesen Status gerne erreichen wollen, ziehen für zwei Wochen in ein Camp, irgendwo im Dschungel von Australien. In sogenannten "Prüfungen" verspeisen sie Stierhoden, lassen sich in eine Kiste mit Kakerlaken sperren oder baden in ekligen Flüssigkeiten.

Streitereien und eventuell sich anbahnende Liebesbeziehungen unter den Teilnehmern machen Fans zufolge den Reiz der Sendung aus. Die Zuschauer wählen täglich einen Teilnehmer aus, der die Sendung verlassen muss. Wer am Ende übrig bleibt, wird Dschungelkönig. Eigentlich ist der Wettbewerb aber völlig egal, denn es gilt die Grundregel: Je höher der Prominenten-Status, desto höher die Gage.

Warum hätte das Angebot für Becker interessant sein können?

Obwohl er in seiner Karriere mit Preisgeldern, Werbeverträgen und anderen Geschäften mehr als 150 Millionen Euro eingenommen haben soll, ist der frühere Profisportler hoch verschuldet. Ein britisches Gericht erklärte ihn im Juni für bankrott, weil er einen Kredit bei einer Privatbank nicht zurückgezahlt hatte. Becker und seine Anwälte widersprechen der Behauptung, der einstige Tennis-Champion sei pleite.

Auf etwa 60 Millionen Euro sollen sich die Forderungen summieren, die bei der Insolvenzverwaltung in London, wo Becker lebt, angemeldet wurden. Die Teilnahme am Dschungelcamp könnte Becker etwa eine halbe Million Euro einbringen, mutmaßt die britische Boulevardzeitung The Sun. Das ist angesichts der Höhe der Schulden zwar nur ein kleiner Beitrag, allerdings lehrt die Geschichte der bisherigen Teilnehmer, dass nach dem Dschungelcamp meist weitere TV-Auftritte folgen, die sich für die Promis bezahlt machen.

Hat er das wirklich nötig?

"Boris, lass es bleiben", mochte ihm mancher Fan vor dem Dementi am Montagnachmittag zurufen. In den vergangenen Jahren ist Becker als stets gut gekleideter und eloquenter TV-Kommentator und Tennis-Experte aufgetreten. Hätte er sich morgens vor TV-Kameras in roter Badehose aus einem Schlafsack geschält und wäre schlaftrunken zum Plumpsklo gewankt: Welche Figur hätte er dann gemacht zwischen muskelbepackten Schönlingen und plapperfreudigen Busenwundern, die verzweifelt auf der Suche nach Ruhm sind?

Was sind die Alternativen?

Geld verdienen könnte Boris Becker auch auf andere Weise. Er hat sich zum Beispiel beim Kartenspielen versucht. Etwa 100 000 US-Dollar soll er in den vergangenen zehn Jahren beim Pokern eingenommen haben. Angesichts der Summen, mit denen Becker sonst umgeht, reicht das aber wohl nicht als Finanzierungsquelle.

Aussichtsreicher wäre sicher ein Job, der näher am Tennisgeschäft ist: Drei Jahre, zwischen 2013 und 2016, trainierte er für ein mutmaßlich sehr hohes Honorar den serbischen Tennisspieler Novak Djokovic, der in dieser Zeit lange auf Platz 1 der Weltrangliste stand. Seit August bekleidet Becker beim Deutschen Tennis-Bund die neu geschaffene Position des Head of Men's Tennis - allerdings ohne Gehalt, nur Spesen werden erstattet.

Als Tennis-Kommentator in der BBC hat Becker bewiesen, dass er ein witziger, geistreicher und informativer Experte ist. Wenn der frühere Tennisprofi nun einen finanzkräftigen Job in den Medien sucht, könnte er die Sportart wechseln. Als Fußball-Kommentator kann man noch mehr verdienen als als Tennis-Kommentator. Nach fast zehn Jahren als Mitglied im Wirtschaftsbeirat des FC Bayern München hat Becker in Interviews immer wieder bewiesen, dass er über jede Menge Fußball-Fachwissen verfügt. Vielleicht lohnt es sich, bei der ARD anzufragen, ob die vakante Stelle von Mehmet Scholl schon vergeben ist.

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