Prominente:Grüß Göttin!

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Marienerscheinung im Kunstnebel: Beyoncé während der Show in Los Angeles. (Foto: Matt Sayles/Invision/AP)

Auf der Grammy-Verleihung zeigt die schwangere Sängerin Beyoncé allen einmal mehr, wer hier wirklich Macht über Bilder hat. Aber was kommt als nächstes?

Von Friederike Zoe Grasshoff

Die digitale Mutterwerdung der Prominenten verläuft gemeinhin in drei Phasen. Zunächst entdeckt ein auf Bauchrundungen spezialisierter Medienmensch das erste Indiz: Oh, wie toll, Soundso wird Mama, Wahnsinn, pro Sekunde werden ja nur 2,7 Babys geboren. In Phase zwei ist die werdende Mutter dann selbst gefragt; setzt sie den Bauch visuell gekonnt in Szene, oder verschickt sie eine langweilige Pressemitteilung, in der so unzeitgemäße Worte wie "Privatsphäre" fallen? Hat besagte Frau ihren Part erledigt, folgt der Absturz ins Irdische, nach einer Schonfrist von zwei, drei Wochen werfen Klatschkanäle die wirklich unwichtigen Fragen auf: Wie wird Soundso bloß den Babyspeck los? Oder, etwas gnädiger: Soundso ist wieder voll in Form!

Wer diese Objektifizierungs-Kiste nicht mitmachen will, hat zwei Möglichkeiten: unprominent werden, oder sich selbst zum Objekt machen. Lernen kann man hier viel von Sängerin und Ich-Botschafterin Beyoncé, die nun in Woche drei ihrer großen Schwangerschafts-Performance geht. Erst brach ein Marienbild von ihr nebst Zwillings-Babybauch alle Instagram-Rekorde, dann erschien auf ihrer Webseite eine ganze Schwangerschaftsserie und nun hat sie bei der Verleihung der Grammys noch einmal gezeigt, wer wirklich die Macht übers Bild hat, nämlich sie, Beyoncé - und en passant zwei Preise gewonnen. Als Fruchtbarkeitsgöttin trat sie am Sonntag in Los Angeles mit Krone und entrückter Mimik auf die Bühne, viel Gold, viel Haut, es blieb nur nicht so viel Mensch übrig. Sie wollte wohl auf die Rolle der Frauen aufmerksam machen, sie sang: "Deine Mutter ist eine Frau - und Frauen wie sie können nicht im Zaum gehalten werden." Schöne Botschaft, was aber bleiben wird, das ist wohl vor allem dieses unwirklichste Bild in dieser an unwirklichen Bildern nicht gerade armen Welt.

Wir kennen die retouchierte Inszenierung des Babybauchs bereits von Demi Moore, Britney Spears, Gustav Klimt; privat ist eh nichts mehr, und klar, eine Schwangere hat 2017 so auszusehen, wie Menschen auf Instagram aussehen: gut und glücklich, Dehnungsstreifen sind eine dreiste Erfindung der Wirklichkeit. Was wir aber nicht kannten, das ist diese irre Ikonografisierung der normalsten wie unglaublichsten Sache der Welt aus dem Medienhause Beyoncé/Jay Z (der Vater übrigens). Was also kommt als Nächstes? Aquarelle vom Geburtsvorbereitungskurs? Eine Modenschau mit Umstandskleidern? Ein Märchen über Zwillinge, die schon vor ihrer Geburt Weltstars waren? Demnächst in Ihrem Panorama.

© SZ vom 14.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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