Shi Yongxin:Mönch mit Hang zu schamlosem Kommerz

Shi Yongxin; Shi Yongxin

Shi Yongxin, Abt des Shaolin-Tempels mit dem Hang zu schamlosem Kommerz.

(Foto: AP)

Der Abt des Shaolin-Tempels in China karikiert seit Jahren buddhistische Werte. Nun droht ihm der Rauswurf.

Von Kai Strittmatter

Wahrscheinlich gibt es weltweit kein berühmteres buddhistisches Kloster als den Shaolin-Tempel in Zentralchina. Der Tempel brachte den Zen-Buddhismus ebenso hervor wie den Kampfsport Kungfu. Außerdem den Mönch Shi Yongxin, seines Zeichens der 13. Abt des 495 nach Christus gegründeten Tempels - und der entpuppt sich gerade eher als Ausrutscher.

Wenn nun das chinesische Internet-Portal "Sina" schreibt, der Shaolin-Tempel erlebe im Moment die größte Krise in eineinhalb Jahrtausenden, dann ist das zwar grob übertrieben. Immerhin wurde der Tempel in Kriegen mehrmals niedergebrannt. Es ist aber durchaus ein veritabler Sturm, der sich gerade um Shaolin-Abt Shi Yongxin zusammenbraut, und kaum einer glaubt mehr, der Abt werde daraus unzerzaust hervorgehen. Viele hoffen sogar auf den Sturz des eben noch so mächtigen Mönches, der es schon vor Jahren geschafft hat, zu einem der meist angefeindeten Männer Chinas zu werden.

Selbstproduzierte Kungfu-Soaps

Alles Leben ist Leiden, das ist die größte Wahrheit des Buddhismus. Ursache allen Leids sind Begierden, wie jene nach Liebe oder nach Geld. Diese Begierden gilt es auszulöschen. Manchen gelingt das besser als anderen. Der 1960 geborene Shi Yongxin machte jedenfalls schon kurz nach seiner Ernennung zum Abt im Jahr 1999 Schlagzeilen mit seiner Geschäftstüchtigkeit. Die schamlose Kommerzialisierung der Legende Shaolin durch die lokale Partei- und Tempelbürokratie ist eng mit seinem Namen verbunden: Wo immer der globale Shaolin-Kungfu-Zirkus auftritt, kassiert sein Tempel mit. Bei einem Besuch des SZ-Korrespondenten vor mehr als zehn Jahren im Kloster berichtete der Abt begeistert von den beiden Mönchen, die er soeben zum Drehbuchkurs an die Filmhochschule in Peking abgeordnet hatte. Selbstproduzierte Kungfu-Soaps sollten der Vermarktung nochmals einen Schub geben.

Seine Anhänger priesen Shi Yongxin als Marketing-Genie, seine Kritiker schimpften ihn bald einen korrupten Heuchler, eine Schande für die Religion. Mit jedem neuen Plan wurde die Kritik stärker: Einmal hieß es, der Tempel wolle an die Börse, im vergangenen Jahr dann stellte der Abt Pläne vor für einen 297 Millionen Dollar teuren Shaolin-Ableger in Australien, Luxushotel und Golfplatz inklusive.

Bislang tropfte das alles an Shi Yongxin ab, der Abt hatte mächtige Freunde in der KP. Das scheint vorbei zu sein. Ein anonymer Denunziant erhebt im Netz schwere Vorwürfe: Shi Yongxin sei einst einmal wegen Unterschlagung aus dem Kloster geflogen, führe ein Doppelleben mit zwei Ausweisen und habe auch das Gebot der Keuschheit nicht allzu ernst genommen und mehrere Kinder gezeugt. Bloß Gerüchte? Vielleicht. Allerdings nahmen die Religionsbehörden diesmal sofort Ermittlungen gegen den Abt auf: Der "Ruf des chinesischen Buddhismus" sei in Gefahr. Pekinger Zeitungen schließen daraus, dass Shi Yongxin diesmal wirklich auf der Abschussliste steht.

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