Private Wachdienste:Security am Gartenzaun

Alarmanlagen und Wachpersonal, das im Notfall in fünf Minuten am Tatort ist: Weil in einigen Gegenden die Zahl der Einbrüche zunimmt, interessieren sich viele Bürger plötzlich für die Leistungen privater Sicherheitsdienste. Aber gibt es wirklich einen Trend, sich nicht mehr allein auf die Polizei zu verlassen?

Von Claudia Henzler

Normalerweise ist Tiefenbronn ein beschaulicher Ort. Die Geschichte der kleinen Gemeinde am Rande des Nordschwarzwaldes lässt sich bis 1105 dokumentieren, stolz ist man auf einen Altar aus dem 15. Jahrhundert, aber auch auf die Nähe zur A 8: Nur sechs Minuten sind es zur Autobahn, Ausfahrt Heimsheim.

Nun aber hat Unsicherheit die Beschaulichkeit verdrängt, und das liegt auch an der guten Anbindung. Tiefenbronn wurde Schauplatz einer Einbruchsserie.

Das ist kein Einzelfall, 2013 gab es in Baden-Württemberg 30 Prozent mehr Wohnungseinbrüche als im Vorjahr, 11 295 insgesamt. Nur jeder zehnte wurde aufgeklärt. Theo Jost, Wirt des Gasthofs Ochsenpost war eines der Opfer in Tiefenbronn. Gleich zweimal suchten ihn die Täter Anfang April heim, sie nahmen Bargeld mit und beschädigten die Einrichtung.

Polizei allein reicht vielen Bürgern nicht mehr

Der 64-Jährige will nun nicht mehr allein auf die Polizei vertrauen. Er hat mit einer Sicherheitsfirma verhandelt und will möglichst viele Mitbürger dafür gewinnen, sich eine Alarmanlage zuzulegen, die mit Wachpersonal verbunden ist, das im Ernstfall in fünf Minuten am Tatort sein soll. Streifengänge aber sind nicht vorgesehen. Anwohner würden zwar per Flyer um erhöhte Aufmerksamkeit gebeten, sagt Jost, alles andere aber wolle man den Profis überlassen.

Auch in der Gemeinde Pullach bei München haben Bürger nach einer Einbruchserie angekündigt, sich nicht mehr allein auf die Polizei verlassen zu wollen. In Bayern stieg die Zahl der Wohnungseinbrüche gegenüber dem Vorjahr um knapp zwölf Prozent auf 6385 Fälle im Jahr 2013. Etwa 60 Euro im Monat ist es den Pullacher Privatleuten wert, dass Wachleute in ihrer Nachbarschaft auf Streife gehen.

Bundesweit liegt die Zahl der Wohnungseinbrüche wieder auf dem Niveau der Neunzigerjahre. 2012 waren es 144 117 Fälle. Die Aufklärungsquote ist allerdings gering, in Nordrhein-Westfalen etwa lag sie zuletzt bei knapp 14 Prozent. Das dortige Ministerium sagt, es handle sich häufig um gut organisierte internationale Banden.

Geht der Trend also zur Selbsthilfe, zu umzäunten Wohnsiedlungen mit privatem Sicherheitsdienst nach dem Vorbild der Gated Communities in den USA?

Nachfrage nach Sicherheitsdiensten steige vor allem nach Einbruchserien

Silke Wollmann vom Bundesverband der Sicherheitswirtschaft sieht diese Entwicklung nicht - zumindest "nicht in naher Zukunft". Nach Einbruchserien steige schon mal regional begrenzt die Nachfrage nach privaten Streifendiensten, der Anstieg liege aber "im niedrigen einstelligen Bereich". Die Branche bewache hauptsächlich Firmen. Zugenommen habe dagegen die Nachfrage nach Alarmanlagen und Videoüberwachung.

Das hat Folgen: In Sachsen ist die Zahl der Wohnungseinbrüche im vergangenen Jahr um 5,7 Prozent gesunken, nach Ansicht der Staatsregierung ist das ein entscheidender Grund, weshalb Hauseigentümer mehr Geld für Sicherheitstechnik ausgaben.

Doch die private Prävention, das betont die Polizei, habe Grenzen. Niemand sollte sich einem Straftäter in den Weg stellen, für die Bekämpfung der Diebesbanden sei allein sie zuständig. Baden-Württemberg hat gerade eine neue Strategie angekündigt: Unter anderem sollen Fahnder an sechs Autobahnknoten den "Kontrolldruck" auf internationale Banden erhöhen.

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