PR-Aktion:Berliner Polizei twittert im 30-Sekunden-Takt

1. Mai in Berlin

Bisher twitterte die Berliner Polizei nur von Großeinsätzen wie hier am 1. Mai.

(Foto: dpa)

Ruhestörung, Unfall, Schlägerei, ein Einsatz nach dem anderen: Die Nacht zum Samstag ist für Berliner Polizisten die stressigste der Woche. Bis dahin können von heute Abend an 24 Stunden lang User den Alltag der Beamten live verfolgen - bei einem virtuellen Tag der offenen Tür.

Wie komme ich als Bayern-Fan am schnellsten zu meinem Sonderzug am Bahnhof Spandau? Warum eskortieren plötzlich Polizisten die 1.-Mai-Demo, auf der ich gerade bin? Und wie kann ich als Autofahrer der Sternfahrt des Fahrradclubs ADFC ausweichen? Über ihren Einsatz-Account bei Twitter hat die Berliner Polizei bislang Antworten auf diese und ähnliche Fragen verbreitet. Ziel der 140-Zeichen-Botschaften rund um Demos oder Fußballspiele: informieren, Massen entzerren, Missverständnissen oder Gerüchten vorbeugen. Kritiker sagen auch: die Deutungshoheit behalten.

Seit seinem Start am 22. März war der Kanal @PolizeiBerlin_E nur zu ausgewählten Großereignissen aktiv. Ab diesem Freitagabend soll sich das für 24 Stunden ändern. Während dieser Zeit wollen die Einsatzkräfte von jedem einzelnen Streifenwagen-Einsatz twittern: "Ruhestörung im Reuterkiez, #Neukölln", könnte dann eine Kurznachricht lauten. Oder "Unfall Prenzlauer Allee/Wichertstraße". Oder "Schlägerei in #Moabit". Solche Meldungen, abgesetzt aus der Einsatzzentrale, werden die 6492 Follower während der Aktion im 30-Sekunden-Takt erreichen, schätzen die Verantwortlichen. Sie rechnen für den Zeitraum von Freitag- bis Samstagabend mit insgesamt 2500 Einsätzen. Der Hashtag für die deutschlandweit bisher einmalige Aktion lautet #24hPolizei.

Die Nacht zum Samstag ist für die Berliner Polizei die arbeitsintensivste der Woche. Am häufigsten werden die Beamen über den Notruf 110 zu Verkehrsunfällen, Schlägereien oder Diebstählen gerufen. Aber auch Einsätze zu Gewaltverbrechen oder Festnahmen will die Polizei auf Twitter begleiten. Laut Tagesspiegel wird dafür das Social-Media-Team der Polizei von regulär vier auf neun Mitarbeiter aufgestockt, Twitter ist über die zu erwartende Frequenz an Botschaften informiert. Andernfalls würde der Polizei-Kanal angesichts der ungewöhnlich vielen Tweets wohl unter Spam-Verdacht geraten und Gefahr laufen, dichtgemacht zu werden.

Genaue Adressen oder Personen sollen in den Kurznachrichten nicht genannt werden. Je heikler der Fall, desto mehr soll der Einsatzort im Vagen bleiben. Die Bedenken liegen auf der Hand: Was, wenn zum Beispiel in einer Situation, in der sich gewaltbereite Personen gegenüberstehen und aufeinander loszugehen drohen, zusätzlich noch etliche Schaulustige auftauchen?

Dieses Risiko scheint aber eher gering, weil in Deutschland, wo Twitter ohnehin eher ein Spartenmedium ist, die Followerzahlen der Polizei niedrig sind. Selbst Dienststellen, die schon länger twittern als die Berliner, kommen über Anhängerzahlen im unteren vierstelligen Bereich nicht hinaus - im Unterschied etwa zu den USA, wo die virtuelle Öffentlichkeit so groß ist, das sie Polizeieinsätze und -beamte bisweilen zu gefährden droht. Bei der Suche nach dem Mann, der in der kanadischen Stadt Moncton drei Polizisten erschossen hatte, baten die Einsatzkräfte die Öffentlichkeit, ihre genauen Positionen nicht weiterzugeben. Zuvor waren Gerüchte aufgekommen, der Schütze suche seine Ziele - Polizeibeamte - per Twitter.

In Berlin soll die Aktion #24hPolizei die Aufmerksamkeit für die Twitterei erst einmal stärken und der Behörde neue Anhänger bescheren - in der realen Welt. Die Polizei will mit diesem virtuellen Tag der offenen Tür nämlich nicht nur allen Bürgern Einblick in ihre Arbeit geben, sondern auch Nachwuchskräfte anwerben. Berlin sucht noch mehre hundert Anwärter, die im Frühjahr 2015 ihre Ausbildung beginnen sollen. In den ersten Stunden des Twitter-Marathons wird deswegen auch das Job-Info-Telefon in einer Sonderschicht besetzt seien.

Die Ankündigung der Aktion hat auf Twitter zahlenmäßig bisher nicht eben überwältigende Resonanz gefunden - dafür allerdings überwiegend positive:

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