Potsdam:Alles für den Dackel

Streit um Dackel Bonnie

Ein Foto von Dackel Bonnie alias Lulu, aufgenommen im Landgericht Potsdam.

(Foto: Enrico Bellin/dpa)

Ein Jäger aus Brandenburg und ein Paar aus Bayern streiten, wer der rechtmäßige Besitzer von Hündin Bonnie ist. Jetzt hat ein Gericht entschieden. Es ging um 3271,16 Euro - und große Gefühlsdramen.

Von Hannah Beitzer, Potsdam

Die Ferienmonate sind die Zeit, in der gewöhnlich Meldungen und Geschichten über Tiere die Runde machen: ausgesetzte Hunde, entlaufene Kühe, verlorene Schnappschildkröten. Diese Tiergeschichte aus der aktuellen Sommersaison findet in einem Gerichtssaal ihren vorläufigen Höhepunkt. Das Landgericht Potsdam musste sich mit einem Hund beschäftigen, der zu sehr geliebt wird - genauer gesagt: von zu vielen Menschen. Ein Jäger aus Brandenburg und eine Frau aus Bayern stritten dort um die Frage: Wem gehört Dackeldame Bonnie?

Im April 2012 verlor der Brandenburger die Kurzhaardackelhündin auf dem Spargelhof Klaistow aus den Augen. Die Frau aus Bayern und ihr Lebensgefährte fanden sie - und nahmen sie mit nach Hause. Nun entschied das Gericht: Der Dackel gehört nach Brandenburg. Im Gegenzug habe das Brandenburger Ehepaar den zeitweiligen Besitzern aus Bayern eine Entschädigung von 3271,16 Euro für Futter, Tierarztkosten und die Ausstattung des Hundes zu zahlen. Keine zwei Minuten dauerte die Urteilsverkündung am Mittwoch - was gar nicht passen will zu den Gefühlsdramen zuvor.

Der Brandenburger Jäger hatte 2012 großen Aufwand betrieben, um Bonnie wiederzufinden. "Wir sind noch mal in den Wald gefahren und haben alles abgesucht, mein Großvater hat auch geweint", zitiert der Radiosender RBB den Enkel des Eigentümers. Der Dackel sei ein Geschenk seiner Frau zum 70. Geburtstag gewesen. Wo Bonnie steckte, stellte sich allerdings erst zwei Jahre nach ihrem Verschwinden heraus. Und zwar deshalb, weil die neue Besitzerin in Bayern 2014 Papiere für ihren Hund bei dessen Züchter beantragte. Der Dackel, der inzwischen auf den Namen Lulu hörte, war über einen Chip im Ohr ohne Probleme zu identifizieren. Der Züchter alarmierte die ursprünglichen Besitzer, und die forderten den Hund zurück.

Nur wollte die Frau aus Bayern ihn nicht mehr hergeben. Schließlich gehöre Lulu inzwischen zur Familie, ließ sie zuletzt am Tag der Urteilsverkündung über ihren Anwalt Ingo Joerke verlauten. Der stellt die Geschichte ohnehin etwas anders dar als die Brandenburger Familie.

Seine Mandantin habe den Dackel an einer Autobahnausfahrt gefunden und mitgenommen, damit er nicht überfahren werde. Immer wieder habe die Frau aus dem Münchner Umland versucht, die ursprünglichen Besitzer von Bonnie zu finden, zum Beispiel über ein Online-Suchportal für Hunde, in das sie die Daten des Chips eingegeben habe. Sie habe es lediglich verpasst, das zuständige Ordnungsamt in Brandenburg zu informieren - ein Fehler, wie der Anwalt zugibt. Einer, den auch das Gericht in seiner Urteilsbegründung nennt.

Den Kontakt zum Züchter habe sie dann nicht wegen neuer Papiere gesucht, sondern einzig, um die ursprünglichen Besitzer zu finden. Ihnen wollte sie mitteilen, dass der Dackel am Leben ist. Dem Anwalt zufolge habe sie dem Ehepaar Geld für den Hund angeboten, da sie auf ihr lieb gewonnenes Familienmitglied nicht verzichten und den Dackel auch nicht aus der nun gewohnten Umgebung reißen wollte. "Für meine Mandanten stand und steht stets das Wohl von Lulu an erster und an einziger Stelle", sagt Joerke.

Geld gegen Dackel

Doch die Brandenburger Familie wollte kein Geld, sondern den Hund zurück. Und bekam vor Gericht ihren Willen. Eine Enttäuschung ist das für die zwischenzeitliche Besitzerin. "Bonnie/Lulu wird nach viereinhalb Jahren aus ihrer Familie (zwei Menschen, ein weiterer Teckel) gerissen und in eine für sie sicherlich verängstigende Situation gegeben. Ob dies dem Wohl des Tieres dient, kann mehr als bezweifelt werden", klagt der Anwalt. Sie wird sich dem Urteil fügen müssen, sofern sie sich nicht mit dem Gerichtsvollzieher auseinandersetzen will. Eine Revision ist nicht möglich.

Nun müssen die Parteien einen Übergabetermin vereinbaren, Geld gegen Dackel. Die Übergabe soll in der Nähe von Hof in Franken passieren, ein gewissermaßen historisch aufgeladener Ort, der passend erscheint: Dort standen sich einst die feindlichen Soldaten von Bundesrepublik und DDR gegenüber.

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