Posträuber Ronnie Biggs:Freiheit zum Valentinstag

Er hat erst ein Drittel seiner Haftstrafe verbüßt, aber schon bald könnte der legendäre britische Verbrecher Ronnie Biggs ein freier Mann sein.

Ulrike Bretz

Er überfiel einen Postzug, brach aus dem Gefängnis aus, war 30 Jahre lang auf der Flucht und ließ es sich in Brasilien gutgehen. Nun könnte der legendäre britische Räuber Ronnie Biggs ein ganz besonderes Geschenk zum Valentinstag erhalten: Wie die Online-Ausgabe des Guardian berichtete, soll der gesundheitlich stark angeschlagene Mann frühzeitig aus der Haft entlassen werden. Den Familienangehörigen zufolge könnte der 79-Jährige am 14. Februar kommenden Jahres wieder auf freiem Fuß sein. Über den genauen Zeitpunkt entscheidet ein Bewährungsausschuss.

Biggs; Reuters

Der legendäre britische Zugräuber Ronnie Biggs könnte bald wegen seines schlechten Gesundheitszustands begnadigt werden.

(Foto: Foto: Reuters)

Die Familie sucht nun im Norden Londons nach einem privaten Pflegeheim, in dem Biggs versorgt werden soll. Nach mehreren Schlaganfällen und einem Herzinfarkt wird er über eine Magensonde ernährt. Sprechen kann er nicht mehr. Wenn er sich mitteilen will, deutet er auf ein Buchstabenkärtchen. "Er ist sehr aufgeregt und glücklich über seine mögliche vorzeitige Entlassung", ließ sein Freund Mike Gray verlauten. "Er ist nicht länger eine Gefahr für die Öffentlichkeit. Und weil die Gefängnisse überfüllt sind, sollte er nun frei kommen."

Gray hat gerade ein neues Buch über den Jahrhundert-Dieb veröffentlicht. Es ist nicht das erste Mal, dass sich Biggs ins Rampenlicht zu setzen weiß. Berühmt-berüchtigt wurde der gelernte Zimmermann mit dem Überfall auf den königlichen Postzug im britischen Ledburn im Jahr 1963. Bei "The Great Train Robbery" ("Der Große Postzugraub") erbeutete eine Diebesbande rund 2,5 Millionen britische Pfund. Biggs, damals ein junger Familienvater, wurde zu einer Haftstrafe von 30 Jahren verurteilt. Kurze Zeit später brach er aus dem Gefängnis aus - der Beginn einer spektakulären Flucht über Frankreich und Australien nach Brasilien. Dort verbrachte er 30 Jahre seines Lebens.

Verstecken musste er sich nicht: Weil es zwischen dem Vereinigten Königreich und Brasilien keine Auslieferungsvereinbarung gab, konnte es sich der Bankräuber erlauben, auch noch Werbung für sich zu machen: Ungeniert verkaufte er in aller Öffentlichkeit Tassen und T-Shirts mit seinem Konterfei, wurde zur Touristenattraktion. Er zeugte Kinder mit einer Brasilianerin und schrieb Drehbücher zur Verfilmung seiner Geschichte. Zahlreiche Bücher befassten sich mit seiner Biografie. Auch als Punksänger versuchte er sich, nahm Songs mit den "Sex Pistols" und den "Toten Hosen" auf.

2001 entschied sich der weltbekannte Dieb aus gesundheitlichen Gründen, seine Flucht zu beenden und in seine Heimat zurückzukehren. "Ich möchte als Brite in ein Pub gehen und eine Pint Bitterbier trinken" - so begründete er damals seinen Entschluss. Nach seiner Landung in der Nähe von London nahmen ihn Beamte des Scotland Yard fest und brachten ihn in ein Hochsicherheitsgefängnis. Zwei Jahre später wurde er aus gesundheitlichen Gründen in das Gefängnis von Norwich verlegt, wo er seitdem rund um die Uhr betreut wird. Den prominenten Bankräuber aber zu begnadigen, hatten die britischen Behörden stets abgelehnt - bislang.

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