Passagiere der brennenden "Norman Atlantic":"Wir werden verbrennen wie die Mäuse"

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  • Auf einer italienischen Fähre in der Adria ist ein Feuer ausgebrochen. Das Schiff Norman Atlantic ist manövrierunfähig, der Brand nicht zu kontrollieren. Hunderte Passagiere kämpfen ums Überleben.
  • Augenzeugen schildern dramatische Szenen. Angeblich beginnt das Schiff zu sinken.

In der 70 Kilometer breiten Meerenge zwischen Griechenland und Italien spielen sich dramatische Szenen ab. Ein Schiff brennt, Rauch verdunkelt den Himmel, der Wind peitscht, die Wellen türmen sich meterhoch - und die Rettung bleibt aus. So steht es um die Fähre Norman Atlantic, die am Sonntagmorgen vor der griechischen Insel Korfu havariert ist. An Bord: fast 500 Menschen, darunter 18 Deutsche.

Windgeschwindigkeiten von hundert Stundenkilometern sowie Starkregen und Hagel setzten den Passagieren und ihren Rettern zu, so dass auch die Hubschrauber nicht viele Menschen aufnehmen konnten.

Unter den Passagieren des unter italienischer Flagge fahrende Schiffes sind viele Lastwagenfahrer, aber auch Familien mit Kindern. Es sind Hunderte Menschen, die stundenlang auf dem brennenden Schiff festsitzen. Aufgrund des schlechten Wetters kommen die Retter nicht voran - und die Hoffnung bei den Passagieren schwindet.

"Die Leute sind verzweifelt und schreien"

Also harrten die meisten Menschen an Bord aus und einige telefonierten mit Medien. "Niemand kann etwas machen", sagte ein Mann dem griechischen Radiosender Skai. "Die Leute sind verzweifelt und schreien", sagte ein Zeuge im Fernsehen. "Das Schiff brennt und sinkt, niemand kann uns retten", sagte Passagier Nikos Papatheodosiou telefonisch dem griechischen Fernsehen. "Helft uns, lasst uns nicht im Stich."

Der Brand entstand den Schilderungen zufolge auf dem unteren Parkdeck; die Hitze breitete sich schnell bis hoch zum Passagierdeck aus. "Unsere Schuhsohlen begannen zu schmelzen", sagte ein geretteter Passagier dem griechischen TV-Sender Mega am Telefon. Ein anderer schildert ein großes Feuer mit starkem Rauch.

"Wir sehen fast nichts mehr vor Rauch. Wir werden verbrennen wie die Mäuse", sagt ein Augenzeuge namens Nikos im griechischen Radiosender Skai. Jannis, der sich auf ein Containerschiff retten konnte, klagt: "Das ganze Schiff steht in Flammen. Meine Frau war in einem anderen Rettungsboot, das ist aber hier nie angekommen." Zwei griechische Teenager, die gerettet werden konnten, sagten im Krankenhaus im italienischen Brindisi: "Es war wie auf der Titanic."

Vorwürfe gegen die Reederei

Ein Passagier sagte dem Radiosender Skai via Handy, dass nicht genügend Rettungsboote vorhanden seien und das Personal mangelhaft ausgebildet sei. Bislang wurden mehrere Passagiere, darunter drei Kinder und vier Frauen mit einem Hubschrauber gerettet und ins süditalienische Lecce gebracht. Sie litten an Unterkühlung, aber sonst gehe es ihnen den Umständen entsprechend gut, meldet die italienische Nachrichtenagentur Ansa.

Panagiotis Panagiotopoulos, ein griechischer Spediteur, erhebt Vorwürfe gegen die Inhaber der Fähre. Er hatte sich angeblich am Vorabend des Unglücks mit der Reederei gestritten, da er die Fähre für nicht geeignet hielt. Im Radiosender Skai sagt er: "Das ist verantwortungslos."

© SZ.de/dpa/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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