Pariser Prêt-à-Porter:Ein Geschenk für die Frauen

Die Designer haben das Motto tatsächlich wörtlich genommen und schneiderten eine tragbar-schöne Mode für den neuen Sommer.

Karl Lagerfeld weiß, was seine Kundinnen mögen und auch kaufen. Seine Entwürfe für die eigene Linie Lagerfeld Gallery zogen am Mittwochmorgen heiter und beschwingt über den Laufsteg. Eher ladylike wirken helle Kostüme mit taillierten Jacken und weit aufspringenden Röcken, kombiniert mit großen Borsalino-Hüten.

Mädchenhaft zart schneidert "Karl der Große" hingegen lang fließende Plisseekleider, rückenfrei und in sonnigen Gelbtönen oder in leuchtendem Magenta. Daneben gibt es Beachwear mit Bikinis und transparenten Tuchkleidern in Leuchtstreifen.

Jean Paul Gaultier

Jean Paul Gaultiers Zigeuner-Look erscheint auf den ersten Blick exzentrisch: Die Models trugen Kopftücher auf wilden Lockenfrisuren, rauchten betont lässig und schienen sich einen Berg von Stoffzipfeln umgewickelt zu haben. Einzeln getragen werden die langen Volantröcke, die lässigen Trenchcoats, Kostümjacken und Schluppenblusen mit Rüschenärmeln aber durchaus straßentauglich. Dazwischen mixt Gaultier die für ihn typischen Korsagen, aber auch sportive Parkas. Sehr schön die Farben: Sanfte Brauntöne, Flammenmuster in Orange und Rot, Anthrazit, aber auch Meergrün und Blau geben den Ton an.

Naoki Takizawa

Miyake-Designer Naoki Takizawa betrachtet Kleidung als "zweite Haut". Mit seiner am Dienstagabend gezeigten Kollektion wollte er diese "schminken". Seine am Körper entlang fließenden Entwürfe tragen Glanzpunkte, pudrig bunte Schatten oder lippenstiftroten Siebdruck.

Die Basis wirkt dabei klassisch: schneidermäßige Glencheck-Anzüge, Ensembles im Hahnentritt-Muster oder hübsche seidige Shirtkleider in neutralen Tönen dienen den Farbtupfern als "Leinwand".

Blütenkelchartig geschwungene Kleider in Schwarz und Creme beendeten die harmonische Schau mit einem Überraschungseffekt. Die Models legten eine Stofflage ab, und hervor kam ein Kleid aus geflochtenem Stroh. Mit Seidenbändern im Rücken verschnürt dient es als Korsett, könnte aber auch solo getragen jede Party bestehen.

Vivienne Westwood

Sinnesfroh geht es bei Vivienne Westwood zu. Die britische Designerin ließ sich von dem auf Schäferspiele spezialisierten Barockmaler François Boucher inspirieren und taufte ihre Kollektion "Ultra Feminity". "Ultrafeminin", das heißt für sie eine figurbetonte schmale Silhouette, Korsagenkleider und superkurze Shorts zu Schößchenjacken. Wie auf alten Gemälden wirken auch die Farben: fein schimmerndes Rosé, Rot und Aubergine, silbriges Grau oder Flieder.

Stella McCartney

Beatle-Tochter Stella McCartney hat eine betont lockere und entspannte Kollektion gezeigt: Weiße Hemdblusenkleider, geknotete Batikhosen mit passenden Taschen, weite salbei-grüne Hosen mit fließenden Leinenblusen - wie gemacht für ein entspanntes Wochenende in der Karibik oder auch an der Mittelmeerküste.

Betont wurde die gelassene Atmosphäre durch die "unfrisiert" erscheinenden Models, deren lange Haare aussahen, als kämen die Damen gerade vom Strand.

Für die Abendmode bediente sich die Britin sowohl bei den Herren, so bei einer schwarzen Jacke mit Schwalbenschwanz über einem weißen Seidenkleid, als auch im Wäscheschrank für lange Satinkleiner mit Spitzeneinsätzen.

Vater Paul McCartney war diesmal nicht dabei, doch Schauspielerin Gwyneth Paltrow besah sich die Show aus der ersten Reihe und schien begeistert.

John Galliano

Schicke Klamotten statt schriller Gags - so lautet das Fazit der Sommermode, die John Galliano für Dior vorgestellt hat. Der sonst für spektakuläre Zeitreisen in andere Modewelten bekannte Brite entwarf diesmal eine zweckorientierte Garderobe für die wesentlichen Momente im Tagesablauf der Dior-Kundin: Kleider für den Tag, Sportswear, Cocktailkleider und Abendroben.

In einer ungewöhnlich umfangreichen Schau mit 67 Einzelstücken zeigte Galliano feminine, sanfte und tragbare Mode. Seidenkleider im Khaki-Druck, Jeansröcke mit Rosenstickerei und knappe, aber immerhin als solche erkennbare Bikinis bestimmten den Gesamteindruck.

Auch bei den Stoffen verlegte sich der exaltierte Brite diesmal mit Jeansstoff, Leder und Vinyl auf Tragbares. Die Farben seiner Prêt-à-porter-Kollektion reichen von gedeckt bis sommerlich gewagt: Sanftes Braun, Grün oder Gelb in der Abendgarderobe, Jacken in rotem Leder oder türkisfarbenem Vinyl beim Sportswear - und für den Tag ein superkurzes Seidenkleid in rosa-grün-braunem Rauten-Druck.

Nach Experimenten mit ägyptischem Gold und osmanischem Brokat setzt Galliano diesmal auf Jeansstoff in allen Variationen: Aufwändig bestickt als Rock, Weste oder Mantel, dazu ein Stickerei-Top aus weißer Baumwolle oder eine rote Jacke aus Strick und synthetischem Material. Die Jacken der Kollektion waren allesamt vom legendären "Bar"-Kostüm des Firmengründers Christian Dior von 1947 inspiriert.

Das Kostüm hatte aus einer beigefarbenen Seidenjacke mit Wespentaille und spitz zulaufenden Schößchen zu einem voluminösen schwarzen Rock bestanden und unter dem Namen "New Look" für Aufsehen gesorgt. Gallianos neue Versionen sind an der Taille schmal und über der Hüfte sanft ausgestellt. Aber auch hier sind ausufernde Krinolinen oder wallende Stoffmassen offenbar eine Sache der Vergangenheit.

Eine Trägerin für die neuen Jackenmodelle ist übrigens auch schon gefunden: Riley Keough, die 15-jährige Enkelin von Elvis Presley, soll als Star einer großangelegten Dior-Werbekampagne im Dezember die guten Stücke zur Schau stellen, hieß es bei Dior.

Dem Jubel für Galliano auf dem Laufsteg in einer Halle der Tuileriengärten stand dagegen schonungslose Kritik draußen vor der Tür entgegen: Die Anti-Pelz-Gruppe PETA demonstrierte gegen den Briten und bezeichnete ihn als "Designer des Todes". Obwohl ihm Videobänder mit den Leiden der getöteten Tiere geschickt worden sei, bleibe der Modemann den Tierhäuten treu. Pelz bekleide "schöne Tiere und häßliche Menschen", erklärten die PETA-Demonstranten.

Galliano ist dafür bekannt, dass er sich für seinen Auftritt am Ende der Show schonmal ein ganzes Fuchsfell um die Schultern drapiert.

Dries van Noten

Nicht minder beeindruckt waren die Gäste von Dries van Noten, der am Mittwochabend seine 50. Modenschau in einer alten Lagerhalle beging: Zu Beginn der Show lüftete sich ein roter Vorhang und ein 150 Meter langer Esstisch unter gigantischen Kronleuchtern kam zum Vorschein.

Dort nahmen Einkäufer und Journalisten gleichermaßen Platz - und gleich nach dem Kabeljau mit Frühlingsgemüse kamen an die 60 junge Damen auf den Tisch, um die Frühjahrs- und Sommerkollektion Van Notens vorzutragen. Die gesamte Speisefolge war übrigens genau wie die Kellner aus dem benachbarten Belgien eingeführt worden.

Viktor & Rolf

Eine Überraschung anderer Art hatte das avantgardistische Duo Viktor & Rolf vorbereitet: Sie ließen rund zwanzig Outfits ganz in Schwarz vor den Gästen paradieren, bei denen die Models statt Frisur und Make-up schwarze Motorradhelme trugen. Thema der Schau schienen die diversen schwarzen Bänder zu sein, in die die Damen mehr und mehr eingekleidet wurden: Zunächst eine einfache Schleife um den Hals, dann ein umwickeltes Bein und schließlich ein ganzes Kleid oder Cape, das nur aus Satinbändern bestand.

Doch das war nicht alles: Nach dem 20. Motorradhelm gab es hinter dem Laufsteg einen Knall, Rauch stieg auf und die ganze Szene war in Rosa getaucht: Jetzt begann das Defilee praktisch noch einmal mit ähnlichen Kleidern, aber anderen Farben: Weinrot, Knallrot, Orange, Fuchsia, Gelb, Babyrosa. Ein schulterfreies, rosafarbenes Tüllkleid, ebenfalls von Bändern umschlungen, erinnerte an eine aufgeblühte Blume - und hier lag auch die Erklärung des Spektakels. Als Viktor Horsting und Rolf Snoeren in einem Regen von Rosenblütenblättern auf die Bühne traten, verkündeten sie den Namen ihres ersten Parfüms: "Flowerbomb" (Blumenbombe) soll im November vorgestellt werden.

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