Papst:Franziskus kritisiert Wirtschaftssystem als "unerträglich"

Papst Franziskus

"Wir haben das Geld in den Mittelpunkt gerückt, das Geld als Gott": Papst Franziskus kritisiert den Kapitalismus

(Foto: dpa)

"Damit das System fortbestehen kann, müssen Kriege geführt werden": Papst Franziskus äußert in einem Interview Kapitalismuskritik im Stile der radikalen Linken. Außerdem lästert er über sein "Papamobil" und erklärt, warum er bei der Fußball-WM nicht mit seinem Heimatland Argentinien mitfiebert.

Dass der Papst sich gegen die Auswüchse des Kapitalismus positioniert, ist nicht überraschend. Schon mehrfach hat das Oberhaupt der katholischen Kirche öffentlich Stellung bezogen gegen Ausbeutung, gegen Hunger, und dagegen, dass das Wirtschaftssystem nicht im Dienste der Menschen stehe, sondern umgekehrt.

Dennoch hat das, was Franziskus jetzt in einem Interview mit der spanischen Zeitung La Vanguardia sagte, eine neue Qualität. Es ist nicht mehr eine Kritik an den Auswüchsen oder Fehlentwicklungen des Kapitalismus, sondern vielmehr eine Kritik am Kapitalismus als solchem.

"Damit das System fortbestehen kann, müssen Kriege geführt werden, wie es die großen Imperien immer getan haben. Einen Dritten Weltkrieg kann man jedoch nicht führen, und so greift man eben zu regionalen Kriegen", sagt Franziskus. Das ist im Kern eine ähnliche Grundthese wie in den Imperialismustheorien von Rosa Luxemburg und Wladimir Iljitsch Lenin Anfang des vergangenen Jahrhunderts oder von radikalen Linksintellektuellen heutzutage.

Das weltweite Wirtschaftssystem sei "unerträglich". "Wir haben das Geld in den Mittelpunkt gerückt, das Geld als Gott", sagt der Papst. Die führenden Volkswirtschaften der Welt sanierten ihre Bilanzen mit der Produktion und dem Verkauf von Waffen. "Wir schließen eine ganze Generation junger Leute aus", sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche angesichts der hohen Jugendarbeitslosigkeit in vielen Ländern.

In dem Interview äußerte sich der Papst zu einer Reihe weiterer Themen:

So lästerte Franziskus über sein "Papamobil": "In dieser Sardinenbüchse, auch wenn sie aus Glas ist, kann ich die Leute nicht grüßen und ihnen nicht sagen, dass ich sie liebe", so der 77-Jährige. Trotz Sicherheitsbedenken sei ihm der direkte Kontakt zu den Gläubigen wichtig. "Es stimmt, dass mir etwas zustoßen kann, aber seien wir realistisch: In meinem Alter habe ich nicht viel zu verlieren", sagte der Papst. Das Papamobil wurde von Franziskus' Vorvorgänger Johannes Paul II. eingeführt. Seit dieser im Jahr 1981 beinahe Opfer eines Attentats wurde, ist es zumeist mit Panzerglas gesichert.

Bei der Fußball-Weltmeisterschaft will der aus Argentinien stammende Papst sein Amt und die Begeisterung für den Sport streng auseinanderhalten. "Die Brasilianer haben mich um Neutralität gebeten. Ich halte mein Wort, denn Brasilien und Argentinien sind alte Rivalen", sagte Franziskus, der Mitglied des argentinischen Vereins San Lorenzo ist.

Den umstrittenen Papst Pius XII., der vor allem wegen seiner passiven Haltung gegenüber dem Nazi-Regime (1939-1958) in der Kritik steht, hat der Papst nun in Schutz genommen. "Man muss sein Wirken vor dem Hintergrund der Epoche damals sehen", so der Papst. Zwar habe Pius XII. sicher "Irrtümer" begangen, andererseits aber in seiner Sommerresidenz Juden und anderen Verfolgten Schutz gewährt.

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