Öko-Katastrophe bedroht Louisiana:Ölteppich erreicht US-Küste

Am Mississippi-Delta schwappt erstmals Öl aus der gesunkenen Bohrinsel Deepwater Horizon an Land. US-Präsident Obama hat die Ölpest zur "nationalen Katastrophe" erklärt.

Das Öl aus der im Golf von Mexiko gesunkenen Plattform Deepwater Horizon hat am Donnerstagabend (Ortszeit) die Küste des US-Bundesstaats Louisiana erreicht. Am Mississippi-Delta schwappe der Ölteppich an Land, teilten die örtlichen Behörden mit.

Ölpest, Küste von Louisiana, AP

Vorbereitungen auf die nahende Öko-Katastrophe an der Golfküste der USA: Ein Helikopter der Nationalgarde von Louisiana überfliegt das Mississippi-Delta.

(Foto: Foto: AP)

Zuvor hatte ein Sprecher der Küstenwache Medienberichte nicht bestätigen wollen, wonach erste Ölklumpen das Land bereits erreicht hätten: "Es ist sehr schwierig in der Nacht, vor allem wegen des großen Gebiets, das betroffen sein könnte", sagte er. Genauere Erkenntnisse erhoffe man sich von einem Überflug bei erstem Tageslicht.

"Nationale Katastrophe"

Die Ölplattform war vor knapp zehn Tagen nach einer schweren Explosion gesunken. US-Präsident Barack Obama hatte die Ölpest zur "nationalen Katastrophe" erklärt, Heimatschutzministerin Janet Napolitano stufte die Katastrophe offiziell als eine Ölpest "von nationaler Bedeutung"" ein. Damit können Ressourcen aus nicht betroffenen Regionen abgezogen und Unterstützungsmaßnahmen rascher und besser koordiniert werden.

Umweltschützer befürchten eine der schlimmsten Öko-Katastrophen der vergangenen Jahre.

Ungünstige südöstliche Winde hatten das Öl bereits am späten Donnerstagnachmittag bis auf wenige Kilometer vor das Wildschutzgebiet Pass-a-Loutre am Mississippi-Delta im Süden des Staates Louisiana zugetrieben, wie ein Sprecher der NOAA mitteilte. Ursprünglich war mit dem Eintreffen des Ölteppichs an Land erst später gerechnet worden.

Hoffnungen der Küstenwache, einen Teil des Öls noch auf dem Meer durch Abbrennen unschädlich zu machen, hatten sich wegen schlechten Wetters und hohen Wellengangs zerschlagen.

Wegen der drohenden Öko-Katastrophe an der Südküste der USA hat BP unterdessen die US-Marine um Hilfe gebeten. Das Unternehmen fragte am Donnerstag beim US-Verteidigungsministerium für Unterwasser-Fototechnik und ferngesteuerte Fahrzeuge der Armee an, um die Ölpest im Golf von Mexiko zu bekämpfen. Dem Konzern ist es bisher nicht gelungen, die Bohrlöcher zu stopfen, aus denen der Rohstoff seit dem Versinken seiner Bohrinsel strömt.

Das US-Militär bereitete sich auf einen Großeinsatz an der Südküste vor, vor allem im am stärksten bedrohten Bundesstaat Louisiana. Der Gouverneur des Staates, Bobby Jindal, erklärte den Katastrophenfall und beantragte beim Verteidigungsministerium Mittel, um 6000 Mitglieder der Nationalgarde einzusetzen.

Die Marine rüstet die Küstenwache mit aufblasbaren Ölbarrieren aus sowie sieben Systemen, mit denen das Öl abgeschöpft werden kann. Aus dem ganzen Land wurden Ölbarrieren an die Küste geschafft.

Unter dem Eindruck der Katastrophe will Florida eine Pause bei der Ölsuche in Meeresgebieten erreichen. Er werde im Kongress ein Gesetz einbringen, das der Regierung weitere Genehmigungen dafür verbietet, erklärte Bill Nelson, demokratischer Senator aus dem Bundesstaat, dessen Strände gleichfalls bedroht sind. "So lange wir nicht wissen, was passiert ist, bitte ich Sie um einen sofortigen Stopp aller Testbohrungen und anderer Erkundungsversuche in Küstengewässern", schrieb Nelson an US-Präsident Barack Obama.

Die Regierung schloss eine solche Pause nicht aus, bis die Ölkonzerne nachweisen können, dass sie jede Art von Unfall unter Kontrolle bekommen können.

BP soll zur Verantwortung gezogen werden

Auslöser der Ölpest war der Untergang der Bohrinsel Deepwater Horizon, die der britische Energiekonzern BP von der Firma Transocean geleast hatte. Seitdem tritt das Rohöl in 1500 Meter Meerestiefe aus - nach Schätzungen der US-Behörde für Ozeanographie und Atmosphärographie NOAA sind es täglich etwa 670 Tonnen.

Tritt das Öl weiterhin in diesen Mengen aus, würde es nur 57 Tage dauern, bis das Ausmaß der Exxon-Valdez-Katastrophe erreicht wäre - der bisher schlimmsten Ölpest in der US-Geschichte.

Die US-Regierung erwartet, dass der mutmaßlich verantwortliche Energiekonzern BP alles zur Bekämpfung der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko tut - und die Kosten voll trägt. "BP ist verantwortlich", sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Robert Gibbs.

"BP ist verpflichtet, die Kosten für die Gegenmaßnahmen und die Säuberungsaktionen zu übernehmen, und sie tun es." Wie Gibbs weiter mitteilte, wird US-Präsident Barack Obama Heimatschutzministerin Janet Napolitano, Innenminister Ken Salazar und die Chefin der Umweltbehörde EPA, Lisa Jackson, am Freitag in die Krisenregion entsenden. Sie sollen sich vor Ort über die Maßnahmen zur Eindämmung des Ölteppichs und zum Schutz der Küste informieren.

Salazar hielt sich bereits am Donnerstag bei BP in Houston auf, "um harte Fragen zu stellen", sagte der stellvertretende Innenminister David Hayes. Insgesamt sind nach US-Regierungsangaben 16 verschiedene Bundesbehörden in die Kontroll- und Schutzmaßnahmen eingeschaltet.

Aber BP muss auch weitere Forderungen fürchten: Erste Krabbenfischer reichten Schadensersatzklagen ein. "Wir sind wirklich angewidert", sagte der Austernzüchter Byron Marinovitch. "Wir glauben nichts mehr, was von BP gesagt wird." Der Multi bangt um sein Image - und lässt am Austrittsort des Öls wie an der erwarteten Katastrophenzone in Louisiana wenig unversucht, um die Folgen zu begrenzen. Nun hat der Konzern eine Unternehmen beauftragt, mit Feuerwerken Tausende Vögel aus den Salzwassermarschen Louisianas zu vertreiben.

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